Russland wird es wohl nie verstehen
Die Glaubwürdigkeit einer Sportart stand auf dem Prüfstand und der Internationale Leichtathletikverband (IAAF) hat in Wien mit der Disqualifikation der russischen Athleten für die Spiele in Rio de Janeiro einen richtigen Schritt gesetzt.
Denn die regelmäßig aufgedeckten Dopingpraktiken waren ein Rückfall in alte und gefährliche Ostblockzeiten. Damals wurden leistungssteigernde Dopingsubstanzen im Sport als Mittel zur Machtdemonstration eingesetzt. Das wurde unter Präsident Wladimir Putin offenbar wieder die Norm. Er meinte trotzdem noch am Freitag: „Es hat in Russland keine Unterstützung für Verstöße im Sport – und vor allem nicht im Bereich Doping – gegeben, und es wird sie auch nicht geben.“Ganz im Gegenteil. In Russland heißt es wieder: Zeige mir deine Sporterfolge und ich sage euch, wie stark wir sind.
Natürlich ist es jetzt blauäugig zu meinen, dass nur in Russland systematisch gedopt wird. Aber die russische Politik und deren Vertreter scheinen in Sachen Doping noch immer nichts eingesehen zu haben. Wie gibt es noch immer – trotz Vorwarnungen – eine Ansammlung von negativen Berichten der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, die schwerwiegende Vorwürfe gesammelt hat? Von Mitte Februar bis Ende Mai waren fast 750 geplante Dopingkontrollen in Russland nicht durchführbar. Dopingkontrolleure wurden vom russischen Geheimdienst eingeschüchtert. Pakete mit Dopingproben wurden vom russischen Zoll einfach manipuliert. Und, und, und. Diese Fakten machen fassungslos. Und wenn der Sportminister Witali Mutko noch Stunden vor dem Urteil in Wien meinte: „Ich habe keinerlei Fakten, dass wir eindeutig schuldig sind“, klingt das wie Hohn. Und nach dem Urteil: „Wir werden reagieren.“Keine Einsicht, keine Schuldgefühle, keine Eigenkritik. Russland wird es wohl nie verstehen. Unverständlich ein möglicher Kompromiss des IAAF: Jene Athleten, die nicht vom russischen Dopingsystem „befleckt seien“– was immer das heißt –, dürfen möglicherweise in Rio unter neutraler Flagge starten. Wir freuen uns auch schon auf die Fußball-WM 2018 in Russland.