Die Propaganda forderte ein Opfer
Hass und Verachtung brauchen einen Nährboden.
Das Getöse um das EU-Referendum ist abgeebbt, die persönlichen Angriffe sind vorerst verstummt. Nach dem Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox herrschen Trauer und Fassungslosigkeit. Sie war gewählt, um ihrem Wahlkreis und ihrem Land zu dienen. Das tat sie mit außergewöhnlichem Engagement, mit viel Idealismus, mit dem ehrenwerten Ziel, die Welt ein Stück besser zu machen. Die Politikerin verteidigte leidenschaftlich die Vorteile einer multikulturellen Gesellschaft, warb für die Mitgliedschaft in der EU, kämpfte für Flüchtlinge in Syrien und gegen Armut in Afrika. Sie setzte sich gegen Hass und für Nächstenliebe ein. Nun ist Jo Cox tot. Musste sie tatsächlich wegen ihrer Ideale sterben? Ihr Mörder, ein 52jähriger Mann, hat laut Medienangaben Verbindungen zur Neonaziszene. Der rassistische Hin- tergrund der Tat, sollte er sich bewahrheiten, ist schockierend. So aber kann auch die Debatte der vergangenen Monate überschrieben werden. Ob der Anschlag mit dem EU-Referendum in direktem Zusammenhang steht, ist noch nicht geklärt. Und kein anderer als der Täter trägt die Schuld an Cox’ Tod. Trotzdem müssen sich einige Politiker und Aktivisten Fragen gefallen lassen. Selbst wenn es in der Brexit-Kampagne viele gibt, die mit fairen Mitteln für den Austritt werben. Es gehören auch Polemiker dazu, die die Stimmung gefährlich anheizen, etwa Nigel Farage, der Chef der rechtspopulistischen Partei Ukip. Wer immer mit Parolen und Schuldzuweisungen gegenüber Menschen anderer Nationalität, Religion oder Kultur auf Stimmenjagd gehen, sorgt für den Nährboden von Hass und Verachtung. Konnte man wirklich erwarten, dass diese andauernde Propaganda ohne Folgen bleibt?