Wer gewinnt die EURO? Die Friseure!
Wahrscheinlich liegt’s an den wenigen Haaren, die mir blieben: Ich habe die Kultur der Haaremacherei heillos unterschätzt.
Zum Friseur ging ich, um die Haare schneiden zu lassen. Einfach so. Aber wenn ich zuletzt FußballGroßereignisse sah, dann muss ich etwas ziemlich falsch gemacht haben. Die laufende EURO macht sicher: Fußball ist Kopfsache. Nun, den Alaba, das getönte Lockerl, das hätte ich mir sicher nicht angetan. Ich hätte aber Gareth Bales Dutterl mit Zopferl haben können. Mit etwas Geduld hätten sich auch die Wischmopps der Belgier Fellaini oder Witsel ausgehen können. Aber es ist zu spät, das noch hinzukriegen. Der natürliche Ausfall der vergangenen zwei Jahrzehnte verhindert jede Kreativität. Jedenfalls die auf dem Kopf. Aber was da alles möglich gewesen wäre, solange es noch nachwuchs!? Fußball erweist sich in haarigen Situationen stets als Mittel zum Zweck der Erregung von Aufmerksamkeit. Und spätestens durch die ausufernde Gestaltung der Haarpracht bei dieser EURO müsste die Welt der Friseure David Beckham im Nachhinein noch ein Denkmal bauen. Der einstige englische Posterboy leistete auf dem Gebiet der Haaremacherei Pionierarbeit: Er hatte mit Aidan Phelan einen eigenen Friseur dabei (auch bei Fußball-Großereignissen, denn es wird ja oft vergessen: Beckham spielte neben seinem Job als Berühmtheit auch Fußball). Die Friseure sind jedenfalls schon jetzt Gewinner der EURO, weil es unter den Fans nur wenige gibt, die kicken können, aber viele gibt es, die so ausschauen möchten wie ihre Helden. Und während ich im Gastgarten England gegen Wales schaue, begegnet mir dann die Macht der Friseur-Kultur in einem Gespräch am Nebentisch. Da jammern zwei Frauen, Mitte 40, wie schwer es ist, den „Richtigen“zu finden. Da ich weiß, dass beide in Beziehung stecken, war klar: Es ging um die Haare, und es wurde eine mir bis zu diesem Zeitpunkt fremde Angst offenbar vor denen, die die Haare machen. Sie fürchte, sagte die eine, dass ihr der Friseur wieder sagen werde, sie soll die Haare färben und leicht kürzen. Dabei möchte sie, sagt sie, ihre Haare gerne wachsen und grau werden lassen (nur Spitzenschneiden würde sie machen lassen). Aber dann siehst du ja ganz alt aus, habe der Friseur gesagt und den Kopf entsetzt geschüttelt. „Ich konnte ihm nicht klarmachen, dass ich das schön finde“, sagt sie und sucht jetzt einen Neuen. Bei der EURO, vermute ich, ist das anders. Da haben die Friseure das Sagen, weil da rennt Kopfschmuck herum, auf dessen Form doch nur jemand kommen kann, dem beim vielen Haarschneiden extrem fad geworden ist. WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER