Auf der Blumenwiese sieht man mit dem Herzen gut
Das Füchslein auf der Wiese verrät dem kleinen Prinzen so manches Geheimnis.
Beim kleinen Prinzen ist das Leben ein Spielplatz voller Weisheiten, die sich offen auf der Wiese tummeln. Diese grünt derzeit besonders fruchtbar im Salzburger Marionettentheater, wo heute, Samstag, eine Neuinszenierung des beliebten Philosophiemärchens Premiere feiert. Buchzitate wie „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“klingen wie Evergreens im Ohr, denn die millionenfach verkaufte Erzählung des Abenteuerliteraten Antoine de Saint-Exupéry ist über 70 Jahre nach ihrem Erscheinen noch immer eines der 20 meistgelesenen Bücher weltweit.
Nach schleppendem Verkaufsstart bescherte der mysteriöse Tod von de Saint-Exupéry dem Buch reißenden Absatz und streute verschwörerische Interpretationen zwischen die Seiten. Doch längst beschränkt sich der Verkaufsschlager nicht mehr auf das schmale Büchlein mit den Illustrationen des Autors. Vielmehr schmückt das Bürschchen mit weizenblondem Haar Notizblöcke, Kaffeetassen und Kalender, romantisiert Facebook-Profile und verschönt Postkarten. Sich ein, vor allem auch visuell, dermaßen vorgeprägtes Kinderund Erwachsenenmärchen zur Brust zu nehmen ist wahrlich ein kniffliges Unterfangen.
Regisseurin Alexandra Liedtke, Gastregisseurin am Salzburger Landestheater (zuletzt mit „Alpenkönig und Menschenfeind“), tat es trotzdem. Übersetzung, Spielfassung, Regie und selbst die Stimme des kleinen Prinzen stammen von ihr. Mit dem kindlichen, der Welt ein wenig entrückten Tonfall trifft sie ins Schwarze und lässt dieses Irgendwo zwischen Traum und Welt, hellsichtigem Kind und weisem Greis unmittelbar auferstehen. Es wirkt, als spräche die Regisseurin mit ihrem eigenen Kinder-Ich.
Die fantasievolle, aber keineswegs kitschige Bühne von Raimund Orfeo Voigt ist bester Reisebegleiter des kleinen Prinzen durch das Universum. Dass das Ganze auf der Bühne eines Puppentheaters spielt, erlaubt dem künstlerischen Team, die im Geist so lebendig sprechenden Bilder ins tatsächlich Greifbare zu übertragen, ohne zu dick aufzutragen oder zu flapsig zu agieren. Bei dieser Gratwanderung sitzt jeder Tritt. Die wunderbar gelungenen Köpfe der Puppen wurden für die Neuinszenierung in den haus- eigenen Werkstätten angefertigt. „Die Köpfe sind dieses Mal größer als bei anderen Figuren. Es ist ein Experiment im Hinblick auf den Ausdruck“, erzählt Barbara Heuberger, Leiterin des Salzburger Marionettentheaters. So entsteht eine schlanke, 60-minütige Handlung, die das Wesentliche bewahrt und Alt wie Jung bei Stange hält.
Erwähnenswert ist das feudal besetzte Sprechensemble, bei dem Alexandra Liedtke sich offenbar vor Familienbanden nicht scheute. Nebst Gatten und Ex-BurgtheaterDirektor Matthias Hartmann befinden sich dessen Burgtheater-Entourage – Schwager Peter Raffalt und Intimus Michael Maertens – im illustren Stimmenkreis. So weit, so kuschlig. Ein sexy rauchiges Timbre steuert „Ö3-Wecker“-Mann Robert Kratky bei. In dessen Stimme habe sie sich während des Autofahrens verliebt, erzählt Barbara Heuberger. Sie habe den gebürtigen Salzburger gleich dreifach für die Inszenierung gewinnen können: als Säufer, Geschäftsmann und Laternenanzünder. Gespielt wird das sehenswerte Stück bis Ende August. Theater: