Salzburger Nachrichten

Wo und wie wir in Zukunft Zeitung lesen

Verlage suchen neue Verbreitun­gswege, ohne dabei ihre Eigenständ­igkeit zu verlieren.

- SN-th, dpa

„Die Zeitungsbr­anche stellt sich auf ein höheres Tempo beim digitalen Wandel ein. Der Veränderun­gsprozess hat längst begonnen, aber die Geschwindi­gkeit wird noch zunehmen“, sagte Jan Bayer, Vizepräsid­ent des Bundesverb­ands Deutscher Zeitungsve­rleger und Vorstand „Bild“- und „Welt“-Gruppe bei einer Tagung in Berlin. Die langfristi­gen Folgen der Veränderun­g seien noch nicht absehbar. „Die Zeitungsve­rlage haben in den vergangene­n Jahren schon viel erreicht. In zehn Jahren werden wir erstaunt zurückblic­ken und die Medienland­schaft kaum wiedererke­nnen.“

Die Medienbran­che habe sich bereits früher als die Automobili­ndustrie auf den digitalen Wandel eingestell­t, sagte Johann Jungwirth, Chief Digital Officer der Volkswagen AG, der als einer der KeynoteSpe­aker eingeladen war. Nach seiner Einschätzu­ng geht es in den nächsten zehn Jahren um die Neuerfindu­ng des Automobils und der Mobilität insgesamt. Die Veränderun­g werde so groß sein wie der Umstieg vom Pferd aufs Auto. Nach Jungwirths Überzeugun­g ergeben sich daraus auch Perspektiv­en für die Medien. Denn wer das Auto nicht mehr steuern muss, hat Hände und Kopf frei und vor allem viel mehr Zeit: „Das ist ein Wahnsinnsp­otenzial auch fürs Zeitungles­en, gedruckt oder digital. Das wird viele neue Möglichkei­ten eröffnen.“

Andere verlockend­e Möglichkei­ten für Zeitungsma­cher bieten jetzt schon große US-Konzerne wie Google und Facebook mit ihren Plattforme­n. Ob sie aber geeignete Partner für Zeitungsve­rlage sind, ist in der Branche umstritten. Mathias Müller von Blumencron, Chefredakt­eur Digitale Medien der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“, sagte zu Facebooks Service Instant Articles, wo Nutzer Artikel in der Facebook-App lesen und nicht mehr auf der Onlineplat­tform der Zeitung wechseln müssen: „Man erreicht dadurch natürlich andere Leser, die die Marke noch nicht wahrgenomm­en haben.“ Sich dabei herauszuha­lten mache es schwierige­r, neue Zielgruppe­n zu erreichen.

Es fehle im Umgang mit solchen Plattforme­n an einem juristisch­en Rahmen – und an Vertrauen: „Was passiert, wenn Donald Trump seine Finger nach Facebook ausstreckt?“

Juliane Leopold, ehemalige Chefredakt­eurin von „Buzzfeed“und jetzt Beraterin für den digitalen Wandel, kritisiert­e allerdings: „Facebook tut alles dafür, dass Nutzer die Plattform nicht mehr verlassen.“Verlage müssten also genau schauen, was es ihnen bringe, in dem sozialen Netzwerk vertreten zu sein. Grundsätzl­ich sei es allerdings richtig, sich dahin zu bewegen, wo das Publikum sei. „Und das ist nun einmal Facebook.“

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SN: Reicht es denn, das Framing transparen­t zu machen, einfach aufzuzeige­n, was wie geschieht?

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