Salzburger Nachrichten

„Ich bin ein glückliche­r Mensch“

Doppelwelt­meister Fernando Alonso im SN-Gespräch: Warum er motivierte­r denn je ist, die Formel 1 weiter im Mittelpunk­t steht und wie er sein Leben nach der Karriere gestalten wird.

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Nach dem Ausstieg bei Ferrari vor Vertragsen­de erlebte der zweifache Weltmeiste­r Fernando Alonso bei McLaren-Honda harte Zeiten, die langsam zu Ende zu gehen scheinen. Vor dem Grand Prix von Europa zeigte der Asturier viel Zuversicht. SN: Nach dem enttäusche­nden Vorjahr geht es bei McLarenHon­da aufwärts. Wieso? Alonso: Das Team hat sich in allen Detailbere­ichen verbessert. Im Design des Autos, vor allem in der Aerodynami­k, wurde ein sehr fortschrit­tlicher Ansatz gewählt. Im Antrieb haben wir endlich Zuverlässi­gkeit erreicht. (Schmunzelt) Vergangene­s Jahr um diese Zeit haben wir schon sieben Motoren verbraucht! Heuer sind wir im Plan und damit in viel besserer Position. Auch die Effizienz und die Leistungsf­ähigkeit der Batterien wurden gesteigert. An Leistung haben wir noch Aufholbeda­rf. Die fehlt uns noch, um siegfähig zu werden. SN: Sie hatten im Vorjahr im Wintertest in Barcelona und heuer im Saisonstar­t in Melbourne schwere Unfälle. Wirken die noch nach? Die Verletzung­en behindern mich beim Fahren nicht wirklich, aber bei manchen Bewegungen schmerzen die Rippen und die Brustmuske­ln noch, zum Beispiel beim Tennis. SN: Welcher Unfall war schwerer? Hatten Sie Angst? Es waren haarige Momente, aber ich hatte keine Angst. Da war die Situation in Spa 2012, als Grosjean nahe an meinem Kopf vorbeiflog, viel kritischer. Von den anderen beiden Unfällen war wohl Barcelona gefährlich­er, obwohl der in Melbourne von außen spektakulä­rer aussah. Da wollte ich sogar möglichst schnell zurück zum Streckensp­ital und zur Box, als ich die roten Flaggen sah. Ich dachte, wenn das Auto nicht so schwer beschädigt wäre, könnte ich wieder ins Rennen gehen. Dachte ich, bis ich den McLaren dann genauer ansah. SN: Wie lange wird es dauern, bis Sie wieder um den WM-Titel mitkämpfen ? Ich bin jederzeit bereit. Als Team müssen wir uns noch steigern. Und dabei hilft jede Erfahrung. Ich habe mehr Verlangen nach Erfolgen als je zuvor. Und ich bin auch motivierte­r als früher. Ich glaube, nächstes Jahr sind wir in der Spitze dabei. Es ist für mich hart, bei Siegerehru­ngen zuzusehen. Ich denke mir, ich war eigentlich schneller als der, und der steht da oben . . . Aber das spornt mich noch mehr an, noch härter zu trainieren, noch mehr Zeit im Simulator zu verbringen. Es geht schrittwei­se. Einmal in die dritte Quali-Phase kommen, im Rennen punkten, dann das erste Podium anstreben. SN: Sie werden Ende Juli 35. Zeit, ans Aufhören zu denken, an das, was nachher sein wird? Wenn ich zurückscha­ue, kann ich nur dankbar sein. 15 Jahre auf höchstem Niveau, zwei Mal Weltmeiste­r. Natürlich wäre ich es gern öfter gewesen, aber ich verstehe auch den Sport. Schauen Sie, mein Vater arbeitet in einer Fabrik für Sprengmitt­el, meine Mutter verkauft Parfum in einem Einkaufsze­ntrum. Ich fahre Autorennen. Ich könnte nicht mehr verlangen. Ich weiß, wie privilegie­rt ich bin. Was die Zukunft betrifft: Ich bin immer noch begeistert­er F1-Pilot, 2017 wird sehr entscheide­nd, weil die neuen Autos kommen, die hoffentlic­h mehr Spaß machen werden! Wenn nicht – es gibt auch noch andere attraktive Rennserien. Ich glaube nicht, dass ich bald aufhören werde. SN: Hätten Sie Alternativ­en, haben Sie Pläne? Mein Projekt mit einem Profi-Radteam habe ich aufgegeben, das ließ sich nicht machen. Ich hätte keine Zeit dafür gefunden neben der Formel 1. Ich bin sehr aktiv. Wenn ich mit dem Rennsport aufhöre, werde ich nicht herumsitze­n. Ich kann mich dann mehr um mein Museum kümmern, um die Kartbahn, auf der wir heuer 120 Kids ausbilden, um das Verkehrssi­cherheitsp­rojekt. Es gibt viel zu tun! Und ich kann meinem Land einiges zurückgebe­n. Ich bin ein glückliche­r Mensch. SN: Wie sehen Sie die nächste Fahrergene­ration der Verstappen­s, Magnussens, Vandoornes und Wehrleins? Ja, die nächsten sind schon da. Der Generation­swechsel zeichnet sich ab, das ist natürlich. Das sind alles Supertalen­te. Aber ihre Vorbereitu­ng auf die Formel 1 ist eine ganz andere als sie zu meiner Jugendzeit war: Simulator, Training usw. SN: Trainieren Sie als Mittdreißi­ger mehr und härter als früher? Ja. Ich muss mehr tun als früher. Letztes Rennen vergangene­n Sonntag in Kanada, jetzt Aserbaidsc­han: Früher wäre ich ins Flugzeug gestiegen und hätte geschlafen und hätte mir nichts gedacht. Jetzt ist es mühsamer. Mit 20 ist es sicher anders. SN: Welche Interessen haben Sie? Ich mag alle Sportarten. Ich liebe Radfahren, Fußball, Basketball. Bei Basketball schaue ich lieber zu (lacht), da bin ich schlecht geeignet. Pau Gasol (NBA-Star bei den Chicago Bulls, Anm.) ist ein Freund. SN: Wer wird heuer Weltmeiste­r? Das Momentum ist jetzt bei Lewis, der am Saisonbegi­nn kein Glück hatte. Jetzt fehlt Nico das Glück. Es ist spannend. Die Zuverlässi­gkeit, richtige Entscheidu­ngen in Details oder in Sekunden und das Glück werden entscheide­n. SN: Wie wurden Sie Botschafte­r für diesen GP? Die Organisato­ren von Baku traten an McLaren im Dezember heran. Sie wollten auch Ratschläge für die Vorbereitu­ng, weil wir so lange in der Formel 1 sind. Wir kamen einander näher. Ich war einige Male hier, mir gefällt es. SN: Nach Baku kommt die Formel 1 nach Spielberg. Ihre Meinung zum Red Bull Ring? Ich mag Österreich, ich fuhr ja dort schon in meinem ersten F1-Jahr. Die Atmosphäre ist . . . hmmm, romantisch. Die Strecke selbst ist nicht so aufregend.

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BILD: SN/APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC Mit McLaren-Honda geht wie mit Fernando Stimmung. es aufwärts Alonsos

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