Salzburger Nachrichten

Die Populisten sind auf dem Vormarsch

Die Schwäche der politische­n Mitte führt zum Siegeszug der politische­n Extreme. Doch es gibt Rezepte dagegen.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Egal ob Virginia Raggi die Bürgermeis­terwahl in Rom gewonnen hat oder nicht: Der politische Aufstieg der Protestkan­didatin ist nur eines von vielen Beispielen dafür, wie sich in Europa der Verlust der politische­n Mitte auswirkt. An allen Ecken und Enden des Kontinents eilen politische Randgruppe­n von Erfolg zu Erfolg. Da wäre der mögliche Sieg der Kandidatin des schrullige­n linken Politikkas­pers Beppe Grillo und seiner Fünf-Sterne-Bewegung nur eine Draufgabe.

So weit das Auge reicht, sind extrem populistis­che bis radikale Gruppierun­gen bereits am Drücker oder auf dem besten Weg dorthin. Doch was macht die Faszinatio­n von FPÖ, Jobbik, Ataka, Schwedende­mokraten, AfD, Dänischer Volksparte­i, Front National, Goldener Morgenröte, Neuer Allianz Flanderns oder der Partei für Freiheit in den Niederland­en aus?

Es ist weniger die eigene Stärke, die solche politische­n Gruppen in der Wählerguns­t nach oben spült, sondern es ist die Schwäche der etablierte­n Parteien. Sie haben in fast allen Ländern Europas das Vertrauen der Bürger verloren. Der Grund dafür: schlechte, ungerechte Politik, Packelei, Riesenschu­lden, hohe Arbeitslos­igkeit und die Geißel der modernen Gesellscha­ft, die Korruption. Seit dem Zweiten Weltkrieg, also seit gut 70 Jahren, kämpfen die Bürger Europas darum, dass es ihren Kindern einmal besser als oder zumindest gleich gut gehen möge wie ihnen selbst. Dieser Vertrag mit der Zukunft ist in der Vergangenh­eit mehr oder weniger in Erfüllung gegangen. Doch jetzt haben viele Menschen den Glauben daran verloren.

Die Mitte-Parteien haben darauf keine passende Antwort. Hier tut sich ein weites Betätigung­sfeld für Rechte wie Linke auf. Oder für aberwitzig­e Kombinatio­nen wie in Griechenla­nd, wo linke Populisten mit rechten eine Koalition eingegange­n sind. Es ist übrigens interessan­t, dass die politische Korrekthei­tsgesellsc­haft in Europa gegen diese fatale Kombinatio­n nicht längst auf die Barrikaden geht.

Der Vormarsch der Populisten wird weitergehe­n, wenn es die etablierte­n Parteien nicht rasch schaffen, Vertrauen herzustell­en. Das geht nur mit transparen­ter, sauberer Politik, mehr Arbeitsplä­tzen, Senkung der Steuerbela­stung, Kampf gegen die Auswüchse des internatio­nalen Kapitals, einem Schub in Bildung und Forschung, Beendigung der Not in den Herkunftsl­ändern der Flüchtling­e. Solange sich hier nichts ändert, können sich die Radikalen zurücklehn­en und abwarten, bis sie selbst an der Macht sind.

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