Als die Wüstensöhne auf der Schulbank schwitzten
Wissen ist Macht: Im Papyrusmuseum erfährt man, wie vor 2500 Jahren im alten Ägypten das Bildungssystem funktionierte.
Es gibt schon einige Sachen, warum man sich an die eigene Schulzeit mit einem gewissen Gruseln erinnert. Matura geschafft? Schon, bloß wie? Was genau wollten die eigentlich in der Mathematikprüfung wissen? Und überhaupt, Latein, oder Altgriechisch? Da beruhigt es fast, dass schon in der Spätantike Schüler Probleme mit dem Griechischen hatten. Und zu bewundern ist, dass es heutzutage Experten gibt, die in uralten Papyri lesen können und sogar Fehler entdecken. Das Papyrusmuseum der Nationalbibliothek ist trotz der für Laien nahezu unzugänglichen Spezialsammlung schon dank der Aura der antiken Hinterlassenschaften immer wieder einen Besuch wert. Auf über 70 Exponaten aus Papyrus, Pergament, Papier, aber auch Ton stellte Museumsdirektor Bernhard Palme einen Überblick zusammen, was damals „im alten Ägypten“aus Schülern eine Elite machen sollte. Denn nachdem so eine Ausbildung kostspielig war, blieb das Erlernen der Schriftkultur den höheren Schichten vorbehalten. „Unter den Schriftstücken des Altertums bestechen die zahlreichen Schulübungen durch ihre Aussagekraft“, sagt Palme. Zum Beispiel das ausgestellte Diktat der Erzählung vom Vatermörder – welche übrigens über mehrere Jahrhunderte hinweg als Diktat oder Abschreibübung zur Schulung in Rechtschreibung verwendet wurde. Der Schüler war jedenfalls kreativ und machte oben und unten eine Zierleiste, dagegen scheint er mit dem Griechischen nicht so ganz vertraut gewesen zu sein, denn der Text enthält zahlreiche orthografische Fehler – sagen die Experten.
Die Exponate umfassen einen Zeitraum von der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends vor Christus bis hin zum arabischen Frühmittelalter um 700. Erstaunlich ist, dass Ägypten da ein vielsprachiges Land war, denn sowohl im gesprochenen als auch schriftlichem Bereich war Arabisch oder Ägyptisch und Griechisch in Gebrauch. Besonders die Hieroglyphenschrift scheint „Auserwählten“vorbehalten zu sein, was laut Palme machtpolitische Hintergründe sein mussten. „Einerseits war die Hieroglyphenschrift sehr schwierig, andererseits wurde der Zugang vielleicht mit Absicht reguliert. So entstand ein Machtmonopol. Die Verbreitung der Schriftlichkeit ging letztlich mit einer Demokratisierung einher.“Für die herrschende Klasse war die Schulung vor allem Übung für künftige Aufgaben, wie Palme sagt, denn es gehörte auch das Verfassen und Präsentieren von Reden dazu. Eigentlich ist es ein Glück, solche Hinterlassenschaften schulischer Ausbildung zu haben, denn zumeist fand der Unterricht mündlich statt. Der Vorgang des Erlernens war wohl ähnlich wie heute, erst kam das Alphabet, dann die Verbindung der Buchstaben zu Silben. Allerdings gab es keine Worttrennung oder Satzzeichen, man schrieb „in einer Wurst“.
Ähnlich war der Prozess in der Mathematik, wo die Geometrie einen wichtigen Platz einnahm. Das gab den Landvermessern ein wichtiges Werkzeug in die Hand. Auch versierte Schreiber übten, wie etwa ein Papyrusblatt zeigt, auf dem ein Kanzleischreiber den „herakleopolitanischen Schreibstil“übt. Schulzeugnisse wurden bisher übrigens keine gefunden. Ausstellung: