Wenn günstige Pauschalreisen gar nicht günstig werden
Veranstalter von Pauschalreisen haben Schutzpflichten, wenn Reisende auf „Ausflügen“zu Einkäufen gedrängt werden.
Eine österreichische Konsumentin buchte bei einem inländischen Reiseanbieter eine vermeintlich günstige Pauschalreise in die Türkei. Während dieser Reise wurden vom Reiseveranstalter „Ausflüge“organisiert, die meist in Teppich- und Schmuckfabriken endeten. Am Ziel angekommen, wurden Produkte vorgeführt. Der türkische Reiseleiter wies ausdrücklich auf die Seriosität der Händler hin.
Den Reisenden wurde vermittelt, dass der Erwerb dieser einzigartigen Produkte eine gute Wertanlage sei. Daraufhin wurden die Reisenden getrennt und jeweils von einem Mitarbeiter der Händler „massiv bearbeitet“. Die Konsumentin ließ sich schließlich dazu drängen, Teppiche und Schmuck für rund 30.000 Euro zu erwerben. Auf diesen Kaufpreis leistete sie sofort eine Anzahlung. Den Schmuck nahm sie gleich mit, die Teppiche sollten nach Österreich geliefert werden. Die Verträge waren in deutscher und englischer Sprache verfasst und enthielten keinerlei Hinweis auf ein Rücktrittsrecht des Käufers. Es wurde allerdings ausdrücklich vereinbart, dass die Verträge türkischem Recht unterliegen.
In Österreich angekommen, wurde die Konsumentin regelmäßig telefonisch aufgefordert, den Rest des Kaufpreises zu überweisen. Sogar mit der Einschaltung eines Anwalts wurde gedroht. Die Teppiche wurden allerdings nie geliefert. Schließlich schöpfte sie Verdacht und ließ die Wertgegenstände schätzen. Die Schätzung ergab zum großen Entsetzen, dass der Schmuck nicht einmal die Hälfte des Kaufpreises wert war. Die Konsumentin wollte nun vom Kaufvertrag zurücktreten.
Bei diesem Sachverhalt ist ein Vertragsrücktritt möglich, weil die Konsumentin überrumpelt und hinsichtlich des Wertes der gekauften Gegenstände getäuscht wurde. Dabei ist zu beachten, dass auf Verträge zwischen Unternehmen und Konsumenten grundsätzlich das Recht jenes Staates anzuwenden ist, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um ein sogenanntes Haustürgeschäft. Dabei schließt ein Konsument einen Vertrag an einem Ort ab, den der Unternehmer nicht dauernd als Geschäftsraum nutzt. Bei Abschluss eines solchen Vertrags ist eine Rücktrittsfrist von zwei Wochen vorgesehen, weil der Konsument vor Überrumpelung durch den Unternehmer geschützt werden soll. Klärt der Unternehmer den Konsumenten über die Rücktrittsfrist nicht auf, bleibt dieses ewig aufrecht. Sowohl nach österreichischem als auch nach türkischem Recht ist es nicht zulässig, während dieser Rücktrittsfrist Anzahlungen zu fordern.
Der Vertrag über die Schmuckstücke konnte auch rückabgewickelt werden, weil diese nicht einmal 50 Prozent des Verkaufswertes erreichten. Die Schmuck- und Teppichhändler weigerten sich zunächst, den jeweiligen Vertragsrücktritt anzuerkennen und die Anzahlung rückzuüberweisen, weswegen der österreichische Reiseveranstalter aufgefordert wurde, den der Konsumentin entstandenen Schaden zu ersetzen. Den Pauschalreiseveranstalter treffen aufgrund des Pauschalreisevertrags Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Vertragspartner.
Das Aufforderungsschreiben an den Reiseveranstalter bewirkte erfreulicherweise, dass der türkische Händler die Forderungen der Konsumentin zur Gänze anerkannte und die geleistete Anzahlung rückerstattete. Auch mit dem Schmuckhändler konnte eine Einigung erzielt werden; die Dame behielt Schmuck im Wert der Höhe der Anzahlung und schickte den Rest in die Türkei zurück.