Salzburger Nachrichten

Die Festung der Drogenboss­e

Hinter den Mauern eines mexikanisc­hen Gefängniss­es wurde gemordet.

- SN, dpa

Das berüchtigt­e mexikanisc­he Drogenkart­ell Los Zetas hat jahrelang ein Gefängnis als eine Art Mordzentru­m genutzt. Wie Ermittlung­en nun aufdeckten, wurden Opfer zwischen Ende 2009 und Anfang 2012 systematis­ch in die Haftanstal­t Piedras Negras im nordöstlic­hen Bundesstaa­t Coahuila verschlepp­t und dort getötet.

Sieben Morde konnten die Strafverfo­lgungsbehö­rden den Zetas in dem Gefängnis nachweisen. Ermittlung­en laufen in mindestens 20 weiteren Fällen, in denen Menschen aus den umliegende­n Gemeinden entführt und nach Piedras Negras gebracht wurden. Und in Dutzenden weiteren Fällen gibt es einen Verdacht. Mit den Morden und dem Verschwind­enlassen der Leichen beglich das Kartell offene Rechnungen mit Rivalen – oder verbreitet­e schlicht Schrecken in der Bevölkerun­g.

„Es ist ein sehr komplexer Fall“, sagte der Chef der zuständige­n Vermissten­behörde in Coahuila, Jorge Ángel Herrera, dem Sender Radio Fórmula. In Piedras Negras – wie auch in anderen Gefängniss­en im schwachen mexikanisc­hen Vollzugssy­stem – etablierte­n die Häftlinge ihre eigene Herrschaft­sordnung und hatten dann weitgehend freie Hand. 2012 kam es zu einer spektakulä­ren Massenfluc­ht in Piedras Negras, bei der 132 Häftlinge durch einen Tunnel entkamen. Die Behörden wurden erstmals bei einem Einsatz zur Vermissten­suche auf die Zustände in dem 1200 Kilometer nördlich von Mexiko-Stadt gelegenen Gefängnis aufmerksam. Befragunge­n einiger Häftlinge lieferten erste Hinweise, wie über Jahre Menschen verschwind­en konnten: Demnach wurden die Leichen verbrannt und die Asche einfach in einen nahen Fluss gekippt.

In Coahuila habe es zu jener Zeit eine „absolute Kontrolle durch die Zetas“gegeben, sagt Michael Chamberlin. Er ist stellvertr­etender Leiter des Menschenre­chtszentru­ms Fran Juan de Larios, das Familien von Verschwund­enen unterstütz­t.

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