„Über Auschwitz sprach er nie“
Josef Janisch leitete den Bau der Vernichtungsanlagen in Auschwitz. Seine Nichte berichtet von ihren Erinnerungen. Und sie betont: „Nationalismus führt immer wieder in den Abgrund.“
An den „Onkel Pepi“kann sich Linde Wintersteller (76) noch gut erinnern. Er habe ein bisschen abgehoben gewirkt. „Für meine Mutter war er ein Angeber. Sie hatte keine Freude mit ihm. Sie fühlte sich von ihm herabgesetzt.“Trotzdem sei ihr der Onkel „nicht direkt unsympathisch“gewesen. Linde Wintersteller erinnert sich, in den 1950er-Jahren mit ihm Ski fahren auf dem Zwölferhorn in St. Gilgen gewesen zu sein. „Ich war schneller als er. Ich war ja auch jung und sportlich und er war damals gegen 50.“
Über eines aber verlor der Onkel nie ein Wort – über die Kriegsjahre.
Der „Onkel Pepi“war Josef Janisch (1909–1964). Er war als Bauleiter führend an der Errichtung der Gaskammern und Krematorien im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau beteiligt. Sein Vorgesetzter lobte den Diplomingenieur aus Salzburg als „einzige verlässliche technische Fachkraft“.
Dass Josef Janisch während des Zweiten Weltkriegs in Auschwitz gewesen sei, habe man gewusst, sagt Linde Wintersteller. Von der „grauenhaften Funktion“ihres Onkels habe sie jedoch erst vor Kurzem in den SN erfahren – in einem Bericht über das neue Buch des Historikers Johannes Hofinger zum Nationalsozialismus in Salzburg. „Meine Mutter hat erzählt, dass er bei seinen Salzburg-Aufenthalten immer erzählte, ‚wie mit den Juden verfahren wird‘.“Als die Mutter einmal gesagt habe, Juden seien auch Menschen, habe „Onkel Pepi“erwidert, er würde sie nach Dachau schicken, wenn sie nicht eine kleine Tochter – Linde – hätte.
Nach dem Krieg war Janisch bis 1947 in Glasenbach inhaftiert. Für seine Mitarbeit am Holocaust musste er sich nie verantworten. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er je Schuldgefühle hatte“, sagt Wintersteller. Josef Janisch kam 1964 bei einem Flugzeugabsturz am Tuxer Joch ums Leben.
Winterstellers Vater Franz Janisch war das Gegenteil seines Bruders. „Mein Vater wollte nichts wissen von der NSDAP. Er hat als Soldat jede Beförderung abgelehnt. Leider ist er dann auch nicht mehr heimgekommen, er blieb vermisst in Russland. Mein Bruder und ich mussten als Halbwaisen aufwachsen.“
Heute bereitet das Erstarken von Nationalisten in vielen Ländern Linde Wintersteller Sorgen. „Man sieht heute wieder nicht, dass dieses nationale Denken in den Abgrund führt.“