Salzburger Nachrichten

Ein schwuler Politiker. Na und?

- Andreas Koller

Den demokratis­chen Reifegrad einer Gesellscha­ft erkennt man auch an den Dingen, die in dieser Gesellscha­ft Erregung auslösen. Oder auch: nicht auslösen. Österreich hat sich in diesen Tagen erfreulich­erweise als ziemlich reife Demokratie erwiesen. Da outete sich der ab 1. Juli amtierende Bundesrats­vorsitzend­e, der dem neuen Bundespräs­identen am 8. Juli den Amtseid abnehmen wird (oder auch nicht), als schwul. Erregungsp­egel in der Öffentlich­keit: bei null. Da trat Bundeskanz­ler Christian Kern als erster Regierungs­chef als Redner bei der Regenbogen­parade auf. Erregungsp­egel in der Öffentlich­keit: bei null. Noch vor wenigen Jahren hätte eines dieser beiden Ereignisse gereicht, um flächendec­kende Empörung bei jenen auszulösen, die den anderen vorschreib­en wollen, wie sie zu leben haben. Dass dies heute nicht mehr so ist, stellt Österreich ein gutes Zeugnis aus. Und wird der Regierung hoffentlic­h den Mut geben, die letzten rechtliche­n Diskrimini­erungen für Schwule und Lesben zu beseitigen. Eine Demokratie ist immer nur so stark, wie es die Rechte der in dieser Demokratie lebenden Minderheit­en sind.

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