Bildungspflicht für junge Asylbewerber?
Die Grünen wollen die geplante Ausbildungspflicht auf Asylbewerber ausweiten. Sie haben für ihre Forderung ein Druckmittel in der Hand.
WIEN. Jeder Jugendliche bis 18 Jahre soll eine Ausbildung über die Pflichtschule hinaus erhalten: Das ist das Ziel des Gesetzes über die Ausbildungspflicht, auf das sich die Koalition kürzlich geeinigt hat. Die Regierung will für die entsprechenden Programme rund 60 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Denn mangelnde Ausbildung ist eine Armutsfalle, in die jährlich 5000 Jugendliche tappen – nämlich jene, die nach der Pflichtschule keinerlei Ausbildung mehr absolvieren.
Die Ausbildungspflicht, wie sie SPÖ und ÖVP planen, hat eine Lücke. Sie soll nicht für junge Asylbewerber gelten. Diese dürfen zwar in Österreich die Schulpflicht absolvieren, danach ist nach den Plänen der Regierung für sie keine Ausbildung mehr vorgesehen.
Die grüne Sozialsprecherin Birgit Schatz hält das für einen „großen Fehler“, den sie unbedingt beheben möchte. „Wenn wir ausgerechnet die jugendlichen Flüchtlinge nicht in die Ausbildungspflicht einbeziehen, erreichen wir das Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist“, sagt sie. Den jungen Migranten, die ohnehin mit Sprachschwierigkeiten zu kämpfen hätten, drohe mangels Ausbildung ein Leben in Arbeitslosigkeit und in der Mindestsicherung.
Die grüne Politikerin muss sich in ihrem Streben nicht nur auf die Kraft ihrer Argumente verlassen. Da das geplante Gesetz über die Ausbildungspflicht die Verfassungsgesetze berührt, muss es im Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Die Koalition ist also auf die Stimmen mindestens einer Oppositionspartei angewiesen – beispielsweise der Grünen, die so- mit eine gute Verhandlungsbasis zur Durchsetzung ihrer Forderung haben.
Für das Sozialministerium, welches den Gesetzentwurf vorgelegt hat, ist die von den Grünen geforderte Einbeziehung junger Asylbewerber in die Ausbildungspflicht eine heikle Angelegenheit. Die Forderung spießt sich mit dem Umstand, dass Asylbewerbern der Zugang zum Arbeitsmarkt verschlossen ist. Ein Sprecher des Ministeriums verweist darauf, dass junge Asylbewerber zunächst mittels Sprachkursen integriert werden. Sollte es gelingen, Asylverfahren innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden, dann „stellt sich das Problem nicht mehr“, denn wenn sie einen positiven Asylbescheid in der Tasche hätten, könnten die jungen Migranten arbeiten beziehungsweise an der Ausbildungspflicht teilnehmen. – Die Verhandlungen der Koalition mit den Grünen werden in dieser Woche fortgesetzt.