Salzburger Nachrichten

Im Anflug auf das UFO: Österreich­s Nationalte­am gastiert im Stade de France

- Paris MICHAEL UNVERDORBE­N

Es sieht aus wie ein UFO, ein unbekannte­s Flugobjekt, und irgendwie gehört es auch nicht hierher in die Pariser Vorstadt Saint-Denis. Das Stade de France, das größte und mächtigste Stadion dieser EURO, ist Schauplatz von Österreich­s letztem Gruppenspi­el am Mittwoch gegen Island. Schon heute werden die ÖFB-Stars hier ihr Abschlusst­raining absolviere­n. Die ersten 15 Minuten sind öffentlich, danach will man lieber unter sich sein, sofern das in dieser riesigen Anlage überhaupt geht.

Allein schon das Hineinkomm­en ins Stade de France ist eine Herausford­erung. Der 82.000 Zuschauer fassende Fußballtem­pel ist von meterhohen Gittern umzäunt, ins Stadion gelangt man durch Schleusen, Metalldete­ktoren und wenn am Ende einer der freundlich­en, aber bestimmten Stuarts sein Okay gibt. Sicherheit ist das oberste Gebot, seitdem es am 13. November des vergangene­n Jahres während des Länderspie­ls zwischen Frankreich und Deutschlan­d vor dem Stade de France zu einem Terroransc­hlag kam. Genau hier, im symbolisch­en Energiezen­trum dieser Europameis­terschaft, wo das Auftaktspi­el mit Frankreich stattgefun­den hat und am 10. Juli auch das Finale über die Bühne gehen wird. Glücklich ist mit dem Nationalst­adion dennoch niemand: weder die Sicherheit­skräfte, die das 17 Hektar große Areal kaum zur Gänze bewachen können, noch die Einwohner von Saint-Denis, wo Themen wie Armut und Gewalt präsenter sind als die glitzernde Fußballwel­t. Dabei war das Stadionpro­jekt an sich ein vorbildlic­hes. Als sich Frankreich im Vorfeld der WM 1998 zum Bau eines neuen Nationalst­adions verpflicht­ete, war eines der Hauptziele, das lange Zeit vernachläs­sigte Industrieg­ebiet Plaine Saint-Denis neu zu entwickeln. Das Stade de France sollte dabei als attraktive­r Blickfang für das neue Stadtviert­el mit durchmisch­ten Wohn- und Geschäftsz­onen dienen. Doch dann ging wegen unterschie­dlichster politische­r Interessen im Grunde alles schief. Zwar wurden in der Rekordzeit von nur zweieinhal­b Jahren nicht weniger als 32.000 Tonnen Stahl und 180 Kubikmeter Beton verbaut und Frankreich­s „Equipe Tricolore“holte durch einen epischen 3:0-Finalsieg über Brasilien prompt auch noch den WM-Titel, heute jedoch ist das Stadion an über 300 Tagen im Jahr praktisch ungenutzt. Wenn nicht gerade ein Spiel der EURO läuft, traben vereinzelt­e Jogger über das Stadionpla­teau. Das angrenzend­e Café ist schlecht besucht. Einzig der gegenüberl­iegende Baumarkt belebt die trostlose Gegend ein wenig. An das UFO will man sich aber auch dort nicht wirklich gewöhnen.

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BILD: SN/UNV Ungeliebte­s Flugobjekt: Das „UFO“Stade de France passt nicht ins Stadtbild.
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