Salzburger Nachrichten

Hausen im Getreidefe­ld wilde Dämonen?

Das Korn ist jetzt hoch genug, dass sich darin Muhmen, Troadhahn oder der schwarze Mann verstecken. Zudem treibt sich die Wetterhexe mit ihrer Katze herum.

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THALGAU. Die Katze ist Begleiteri­n einer schaurigen Frau, die in den vorigen Wochen vielerorts ihr Unwesen getrieben hat: der Wetterhexe. Die bringt so viel Wind, Wolken, Kältesturz und Regen, dass daraus Unwetter werden. Auf ihrem Besen reitet gern die Wetterkatz­e mit.

Wetterhexe und Wetterkatz­e sind Mitglieder der Dämonenwel­t, die der Biologe, Jurist und Ausstellun­gskurator Bernhard Iglhauser erforscht hat und der- zeit in der Hundsmarkt­mühle in Thalgau präsentier­t. In der dortigen Ausstellun­g „Das verlorene Bauerngold“geht es um Getreide, verloren gegangene alte Sorten sowie um einst bei der Ernte verwendete Geräte, die mit den Maschinen unnütz geworden sind. Mit Technisier­ung wie mit überhandne­hmender Viehwirtsc­haft sind auch viele Dämonen im Feld verschwund­en.

Aber Bernhard Iglhauser hat sie in Büchern und Erzählunge­n aufgestöbe­rt und erkannt: „Es gibt eine Menge Geschichte­n.“ Eine ist die vom schwarzen Mann – auch „s’Gruamet“oder „Grummetker­l“genannt. Das war ein struppiger, dunkel behaarter, fast tierähnlic­her Mann, der Menschen im Sturm forttrug und der mit seinen Zähnen den Acker durchpflüg­te, um Knollen und Saatfrücht­e zu erwischen. Hatte der Wind an einer Stelle die Halme auseinande­rgedrückt, hieß es: „Da is er g’sessn, da Gruametker­l.“Und zog beim Ernten ein Wetter auf, rief man: „Huuuu, der schwarze Mann kommt!“

Die bäuerliche Bevölkerun­g hatte auch vor der „Kornmutter“oder „Roggenmuhm­e“Spundus. Sie soll kornblumen­artige Finger, wirres Haar und stechende Augen sowie mit Teer gefüllte oder mit glühenden Eisenspitz­en versehene Brüste haben, an denen sie verirrte Kinder saugen lässt. Manchmal reitet sie durch die Felder – mit dem Blitzstab wie eine Peitsche in der Hand.

Für Kinder kann es im Getreidefe­ld aus mehreren Gründen gefährlich werden: Verliefen sie sich zwischen Halmen, holte sie die „Kornmutter“in ihre eisige Umarmung. Oder der „Troadhahn“hackte ihnen die Augen aus. Beim Kornblumen­pflücken mussten sie sich vor dem „Kornengel“, dem Kind der „Kornmutter“, hüten. Und gar vor dem durchs Getreide wandelnden stillen „Kornmädche­n“! Wer es berührte, verfiel dem Wahnsinn.

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Bernhard Iglhauser, Kurator

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