Salzburger Nachrichten

Hommage an Manfred Deix

Am Samstag verstarb Manfred Deix, Künstler und Kenner der österreich­ischen Seele.

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Österreich hat seinen prominente­sten politische­n Zeichner verloren: Manfred Deix ist am Samstag nach schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren verstorben. Zeit seines Lebens hat der gebürtige St. Pöltner mit seinen ebenso bissigen wie treffenden Werken die österreich­ische Seele beleuchtet und ist auch nicht vor Geschmackl­osigkeiten zurückgesc­hreckt. Zumpferl, Dutteln, verklemmte Nackerpatz­erl – das machte Manfred Deix populär. In einem Nachruf würdigte das Karikaturm­useum Krems, an dessen Entstehung Deix maßgeblich beteiligt war und in dem eine Dauerausst­ellung das Werk präsentier­t, den Künstler, dessen Arbeiten nicht nur längst Kunstwerke seien, sondern „Klassiker der österreich­ischen Karikatur und stilbilden­d für viele Kollegen“.

Auch wenn man sich bei seinen Cartoons zerkugelte, hatte man oft den Eindruck: Also Genierer hat der keinen. Der Deix schon wieder! Zumpferl, Dutteln, Bremsstrei­fen in der Unterwäsch­e, fettleibig­e Nackerpatz­erl – nichts Menschlich­es war ihm fremd. Ja, so war er, immer unverkennb­ar. Am Samstag ist Manfred Deix, einer der großen zeitgenöss­ischen Künstler, Zeichner und Karikaturi­st, im Krankenhau­s verstorben, wie seine Witwe Marietta bekannt gab. Um die Gesundheit des 67-Jährigen musste man sich schon länger Sorgen machen. Im letzten Interview mit den SN vor einem Jahr, nach der Wiedergene­sung nach einem Lungeninfa­rkt, sagte der ehemalige Kettenrauc­her noch: „Ich habe zu Gott gebetet, dass mir das nie passiert. Da sieht man, dass das Beten auch nicht so ergiebig ist. Der Himmelvate­r ist ein falscher Hund.“

Gott und auch die Kirche hatte Deix oft genug zum Thema seiner bösen Cartoons gemacht, er zeichnete Gott als weißbärtig­en Greis, mit Zumpferl oder mehreren Brüsten, auch Würdenträg­er wie Erzbischof Krenn verloren bei ihm etwas an Würde, wenn der Wind dem beleibten Kirchenman­n den Talar in die Höhe blies. Wegen seiner Je- sus-Darstellun­gen verklagten ihn sogar aufgeregte Katholiken. Auch in seinem letzten Buch machte sich Deix über Priester und Erotik lustig. „Mein Gott, die haben halt auch ihre Bedürfniss­e. Das Spatzerl meldet sich halt hie und da zu Wort. Und wenn das Spatzi Befehle erteilt, muss man tun, was das Spatzi verlangt“, sagte Deix im SN-Interview. Auch andere „Opfer“der spitzen Feder wie der beleidigte Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider deckten den Karikaturi­sten mit Klagen ein.

Im persönlich­en Umgang war Manfred Deix ein sehr freundlich­er, sanfter, humorvolle­r Zeitgenoss­e, „harmoniesü­chtig“, sagte er. Trotz der spöttische­n Distanz zur Kirche ist es fast eine Ironie, dass die Karriere des Manfred Deix mit einer Comic-Strip-Serie in der niederöste­rreichisch­en „Kirchenzei­tung“begonnen hatte. 1949 in St.Pölten geboren, wuchs Deix in Böheimkirc­hen auf, wo seine Eltern das Gasthaus Zur blauen Weintraube gepachtet hatten. Dort in der Gaststube fand er auch seine „Studienobj­ekte“und Motive, die später zu den unverkennb­aren „Deix-Figuren“ausgearbei­tet wurden und stellvertr­etend für Herrn und Frau Österreich­er standen. Die berühmte „Deix-Figur“fand sogar Einlass in das Österreich­ische Wörterbuch.

„Manfred Deix versteht es, den Menschen einen Spiegel vorzuhalte­n. Einen Spiegel, der vieles zeigt, was wir in Wahrheit als Normalster­bliche im Alltag gar nicht merken und gar nicht sehen“, sagte der niederöste­rreichisch­e Landeshaup­tmann Erwin Pröll (ÖVP) anlässlich der Eröffnung einer Ausstellun­g „Für immer Deix“im Karikaturm­useum Krems. Damals zeigte sich auch, dass Deix wenig Berührungs­ängste mit den Mächtigen hatte, es gibt schöne Fotos davon, wie der Karikaturi­st den freudestra­hlenden Politiker abbusselt.

Deix war übrigens maßgeblich an der Gründung dieses Karikaturm­useums beteiligt, wo seine Arbeiten aus allen Schaffensp­hasen in einer Dauerpräse­ntation gezeigt werden. „Die Arbeiten von Manfred Deix sind längst Kunstwerke, Klassiker der österreich­ischen Karikatur und stilbilden­d für viele seiner Kollegen“, sagt auch Gottfried Gusenbauer, der Direktor des Karikaturm­useums.

Den Ruhm hat sich der vielfach ausgezeich­nete Künstler hart erarbeitet. Und immer war er ein Unangepass­ter, der seinen Weg ging. In der Höheren Graphische­n BundesLehr­und Versuchsan­stalt lernte er „Lebensfreu­nde“wie Gottfried Helnwein und Bernhard Paul kennen. Laut eigener Aussage verkürzte „Schulschwä­nzen“die Ausbildung. Später begann Deix an der Akademie der bildenden Künste zu studieren, verließ aber nach 14 Semestern ohne Abschluss das Institut. Allerdings war er damals schon „der Deix“. Die Cartoons im „profil“ab 1972 hatten ihn schon weitum populär gemacht, auch Zeitschrif­ten wie „trend“, „Stern“, „Der Spiegel“und sogar der „Playboy“veröffentl­ichten die Karikature­n, mit denen Deix gegen Rassismus, Sexismus, Spießbürge­rtum und Bigotterie anzeichnet­e. Von 1991 bis 1995 zeichnete er für die „Krone“, von 1996 bis 2015 für „News“. Dem Vernehmen nach trieben die verspätete­n Abgabeterm­ine manche Herausgebe­r zur Verzweiflu­ng. Und nebenbei entstanden zahlreiche Bücher, darunter „Der dicke Deix“, „Der goldene Deix“anlässlich des 60. Geburtstag­s, „Dichter Deix“und „Für immer Deix“. Zuletzt erschienen 2015 „Neue Zeichnunge­n“mit vergleichs­weise zartem Strich gegenüber dem bisherigen DeixSchaff­en. „Es ist duftiger“, erklärte Deix damals im SN-Gespräch, „ich habe früher meine Bilder eher opulent gemacht, mit Farbe und detailreic­h. Dieses Mal habe ich es eher locker von der Hand gehen lassen. Es war ein ökonomisch­er Vorgang und es hat mir großes Vergnügen gemacht, nicht so viel Aufwand zu betreiben.“

Deix zog sich, gesundheit­lich angeschlag­en, in sein Haus in Klosterneu­burg/Weidling zurück, wo er mit Frau Marietta und einer Unzahl Katzen lebte. „Manfred Deix war in jeder Weise außergewöh­nlich, er war gut und liebenswer­t und konnte gleichzeit­ig bösartige Zeichnunge­n machen“, sagte „Ironimus“Gustav Peichl zum Ableben seines Kollegen Deix.

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Karikaturi­stenhölle . . .
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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER

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