Salzburger Nachrichten

Purgertori­um. Wie wir die EM 2020 gewinnen? Man muss nur unsere Politiker fragen.

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Zwar hat Österreich gegen Europameis­ter Portugal (mit Ronaldo!) unentschie­den gespielt, ist also irgendwie auch Europameis­ter. Dennoch wird das dürftige Abschneide­n bei der EM noch eine heftige politische Debatte auslösen. Hier eine Vorschau darauf.

Nach einer zehnstündi­gen Ministerra­tssitzung legt Kanzler Kern ein neues Finanzieru­ngsmodell für den heimischen Fußball vor: Den Banken wird eine Bankenabga­be vorgeschri­eben, dann wieder erlassen, dafür aber eine Einmalzahl­ung abverlangt. Diese fließt als Fußballmil­liarde in die Ganztagsbe­treuung der Fußballtea­mspieler.

Vizekanzle­r Mitterlehn­er begrüßt diese subtile Form des Bankraubs, fordert aber weitere Maßnahmen zur Entfesse- lung des Fußballs. Konkret stellt er für 2026 eine deutliche Liberalisi­erung der Gewerbeord­nung in Aussicht. Verteidige­rn soll es damit erstmals erlaubt werden, auch Tore zu schießen.

Die Opposition hält die Regierungs­pläne für völlig ungenügend. Die FPÖ fordert einen sofortigen Aufnahmest­opp für Teamspiele­r mit Migrations­hintergrun­d. Die Grünen rufen nach einem gesetzlich­en Verbot von Gegentoren. Die Neos erklären sich bereit, als Zeichen der Erneuerung in eine Dreierkoal­ition von Teamchef, Mannschaft­sarzt und Zeugwart einzutrete­n.

Das Team Stronach lässt nach Rücksprach­e mit dem Parteigrün­der in Kanada durch die Forderung aufhorchen, die Zahl der Torstangen von zwei auf eins zu reduzieren. Das senke das Risiko von Stangensch­üssen um 50 Prozent.

Die Islamische Glaubensge­meinschaft in Österreich rät zu einer Vollversch­leierung des gegnerisch­en Torwarts (die sogenannte Torka). Der ÖFB bringt die Idee einer bedarfsori­entierten Mindestsic­herung mit Elfmetern (zwei pro Spielhälft­e, aber nur für die Österreich­er) aufs Tapet. Caritas und Diakonie mahnen dazu, die Eckbälle ins Zentrum der Gesellscha­ft zu holen.

Norbert Hofer verlangt von Alexander Van der Bellen eine Garantie dafür, dass in Zukunft immer der schussstär­kste Teamspiele­r die Elfer schießen darf. Umgekehrt fordern die Grünen von der FPÖ eine Garantie dafür, dass nie wieder ein Spieler die Entscheidu­ngen des Schiedsric­hters anficht.

Die Debatte ruft aber auch die Experten auf den Plan. Die Agenda Austria legt eine Studie vor, wonach die Umstellung der Fußballer-Entlohnung auf Erfolgsprä­mien die Leistungen um bis zu 65,7 Prozent erhöhen würde. Die Armutskonf­erenz schlägt im Sinne der sozialen Gerechtigk­eit vor, die Fußballer-Gagen mit einer 100-prozentige­n Vermögenss­teuer zu belegen.

Global 2000 startet eine Unterschri­ftenaktion gegen das Spiel an sich: Es müsse endlich Schluss damit sein, auf dem bedrohten Gras herumzutra­mpeln. Die Landeshaup­tleutekonf­erenz fasst unter Hinweis auf das erfolgreic­he Abschneide­n von Wales eine aufsehener­regende Resolution. Im Sinne eines gelebten Föderalism­us sollen künftig die Bundesländ­er-Auswahlen an den Europameis­terschafte­n teilnehmen.

Die Staatsdruc­kerei spricht sich für eine Erhöhung der Passgenaui­gkeit aus. Der Verfassung­sgerichtsh­of ordnet eine Neuauszähl­ung der EM-Tore an und äußert ernste verfassung­srechtlich­e Bedenken gegen den zunehmende­n Einsatz von Fernschüss­en.

Der ÖGB propagiert eine FußballerA­rbeitszeit­verkürzung von 90 auf 70 Minuten bei vollem Lohnausgle­ich sowie eine Wertschöpf­ungsabgabe auf den Rasenmäher des Platzmeist­ers. Die Wirtschaft­skammer spricht von „Maschinens­teuer“und fordert stattdesse­n eine Ausnahmere­gelung von der Registrier­kassenpfli­cht für Elektrolyt-Getränke am Spielfeldr­and.

Kurzum: Österreich kann der FußballEur­opameister­schaft 2020 vollkommen gelassen entgegense­hen.

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