Donald Trump – von der Farce zur Wirklichkeit
Einigkeit zeigen die amerikanischen Konservativen nur in ihrem Hass auf Hillary Clinton.
Sam Gerhardstein (60) zieht es vor, der Krönung nicht beizuwohnen. Der Republikaner aus Ohio trifft sich lieber mit Gleichgesinnten bei einem Empfang. So verpasst er den Moment, als Donald Trump Junior um 19.12 Uhr für die Delegation des Bundesstaates New York die Stimmen abgab, die seinem Vater zur Mehrheit der 1237 Delegierten verhalfen. Als die Hauskapelle ein beschwingtes „New York, New York“anstimmte, schnitt Gerhardstein in Johnnys Downtown sein Kalbskotelett an. Der Energielobbyist kann sich bis heute nicht erklären, wie seine Partei mit so einem wie Trump enden konnte.
Vor vier Jahren noch hatten in der „Grand Old Party“außenpolitische Falken und Anhänger des Freihandels das Sagen. Die Partei bastelte an Konzepten, wie sie sich angesichts des demografischen Wandels für Minderheiten öffnen könnte. Jetzt werden die Republikaner von einem Isolationisten und Protektionisten geführt, der Amerika zu einer Wagenburg machen will. Das ist nicht mehr die Partei des Sklavenbefreiers Abraham Lincoln. Gerhardstein hält auch nichts vom giftigen Ton der Trump-Republikaner. Wählen wird er den Rechtspopulisten „mit zugehaltener Nase“trotzdem. „Sonst enden wir mit Hillary“, sagt er. Und die Mauer zu Mexiko? Die Deportation von Millionen Einwanderern ohne Papiere? Oder der Muslim-Bann? „Das wird er nicht durchsetzen können“, rationalisiert Gerhardstein. Thomas Spang berichtet für die SN aus Cleveland
Die Regie versucht die zerstrittene Partei auf die Wahl zwischen Donald Trump und Hillary Clinton einzuengen. Deshalb wird die designierte Spitzenkandidatin der Demokraten nach allen Regeln der Kunst dämonisiert.
Dem Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, fiel am zweiten Tag des Parteitags in Cleveland die Aufgabe zu, die Hauptattacke gegen Clinton zu führen.
Christie nutzte seinen Auftritt zur besten Sendezeit des US-Fernsehens für einen Scheinprozess. Wie ein Staatsanwalt listete er Punkt für Punkt das konservative Sündenregister auf. Die Republikaner machen Clinton unter anderem verantwortlich für den Terroranschlag von Bengasi, das Chaos in Syrien, das Atomabkommen mit dem Iran und kritisieren natürlich den privaten E-Mail-Server in ihrer Zeit als Außenministerin. „Schuldig oder nicht schuldig?“, fragt Christie nach jedem Punkt wie ein Volkstribun. „Schuldig“, grölt es aus den Rängen zurück. Mindestens vier Mal unterbrechen „Lock her up“Sprechchöre („Sperrt sie ein“) den Auftritt des Trump-Verbündeten.
Der republikanische Stratege Steve Smith, der sich bei diesen Wahlen auf die Rolle des Beobachters zurückgezogen hat, fühlt sich mehr an das Verhalten von Parteien in Bananenrepubliken erinnert als an die der westlichen Führungsmacht. Politischen Gegnern mit Gefängnis zu drohen, sei nicht sehr hilfreich, Vertrauen zu schaffen. Die Trumpers sehen das anders. „Hillary to Jail“-T-Shirts und Anstecker gehen weg wie warme Semmeln.
Es lag an den beiden Trump-Kindern Tiffany (22) und Donald Jr. (38), den zweiten Tag des RepublikanerTreffens nicht ganz zu einem bloßen Hillary-Schlachtfest geraten zu lassen. Obwohl auch sie zum eigentlichen Motto des Tages „Make America Work Again“nicht viel zu sagen hatten.
Beide lieferten glühende Porträts eines liebenden Vaters ab, der als Privatperson ganz anders sei als die Karikatur in der Öffentlichkeit. Sohnemann Donald beschrieb den Milliardär als Arbeiterfreund, der sich nicht in seinem Geschäftsanzug hinter dem Schreibtisch verstecke, sondern auf den Baustellen präsent gewesen sei: „Er hat seine Karriere mit normalen Amerikanern verbracht.“Was allerdings eine völlig neue Facette Trumps wäre.
Die US-Medien lobten die Rede als die beste des Tages. Bis auch Donald Junior Plagiatsvorwürfe einholten. Demnach soll er Teile einer Rede des US-Konservativen Frank Buckley übernommen haben. Buckley sprang Trump via Twitter später zur Seite und outete sich als Co-Autor der Rede.
Dagegen hingen die Vorwürfe gegen Melania Trump weiter wie eine dunkle Wolke über dem Parteitag. Auch am Mittwoch lehnte es Trumps Wahlkampfmanager Paul Manaford standhaft ab, die Verantwortung für die bei Michelle Obama geklauten Passagen zu übernehmen.