Pokémon-Jäger fand Leiche
Der Wirbel um ein Handyspiel nimmt ungeahnte Ausmaße an. Es kam zu kuriosen Zwischenfällen. Viele ärgern sich auch über die Monsterjagd.
In den 1990er-Jahren war Pokémon ein Hype – dann verschwanden die kleinen Monster. Jetzt sind sie zurück als Onlinespiel für Smartphones, das schon einigen Wirbel verursacht hat – auch in Österreich: So sind auf dem Wiener Zentralfriedhof viele Spieler unterwegs. Die Wiener Bestattungs- und Friedhofs-Holding appellierte, die Monsterjagd pietätvoll zu gestalten. Man bat darum, nicht auf Gräber zu steigen und Abstand bei Beerdigungen zu halten.
Auch auf dem Grazer Zentralfriedhof hat man wenig Freude mit der Monsterjagd: „Das Internationale Mahnmal am Grazer Zentralfriedhof steht für die Opfer der Nazidiktatur. Dieses wurde als ,Battlefield‘ ausgesucht. Wir haben den Spielebetreiber per E-Mail ersucht, diesen Ort als Spielstätte aus dem Spiel zu nehmen“, hieß es aus dem Büro von Bgm. Siegfried Nagl (ÖVP).
Auch die bayerischen KZ-Gedenkstätten wollen keine Monsterjäger: Die ehemaligen Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg sollten nach Wunsch der verantwortlichen Stiftung als Spielorte herausgenommen werden. Auch die Gedenkstätte Auschwitz hatte die Macher aufgefordert, das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Polen aus dem Spiel zu entfernen.
In Niedersachsen brachten sich drei Pokémon-Fänger in Gefahr: Sie waren auf einem Truppenübungsplatz unterwegs, auf dem gerade mit scharfer Munition geschossen wurde. In München wollte ein Marihuana-Konsument Monster fangen, dabei ging er selbst der Polizei ins Netz: Der 30-Jährige war mit einem Joint unterwegs und so in das Spiel auf seinem Handy vertieft, dass er die Streife nicht bemerkte.
Ein Mann in Schwaben stieß in einer Grünanlage auf ein alkoholisiertes Pärchen, das dort Sex hatte.
In Indonesien haben Nationalpolizei und Marine ihren Einsatzkräften die Pokémon-Jagd verboten. Man sorge sich, dass die Beamten süchtig nach dem Spiel „Pokémon Go“werden und vergessen könnten, ihrem Job nachzugehen, sagte ein Polizeisprecher. Auch die Marine verbot ihren Soldaten die Monsterjagd. Das Spiel sei aus Sicherheitsgründen für die Militärs tabu, sagte Marinechef Ade Supandi.
Das Handyspiel hat auch die Polizei in Dänemark beschäftigt: Ein Mann (49) hatte dort bei der Pokémon-Jagd eine Leiche an einem Abwasserkanal entdeckt. Außerdem drangen Spieler in fremde Gärten, Schulen und auf Baustellen ein oder spazierten verdächtig lange vor der US-Botschaft in Kopenhagen auf und ab, weil sie dort eines der fiktiven Monster vermuteten. In Saudi-Arabien nahmen Sicherheitskräfte drei Männer fest, die auf einem Flughafen auf der Suche nach den Monstern waren. Nach Ansicht des Ständigen Komitees für Rechtsfragen handelt es sich um Glücksspiel, was im Islam grundsätzlich untersagt ist.