Salzburger Nachrichten

Junge Juristin am Gerichtsho­f in Straßburg

Mutter sein und berufliche­r Erfolg sind vereinbar: Karoline Edtstadler wechselte von Salzburg über das Ministeriu­m zum Menschenre­chtsgerich­tshof. Von Elixhausen nach Straßburg

- Karoline Edtstadler, Juristin Mit Mozartkuge­ln versorgt 2004 absolviert­e

35 oder 40 Jahre Strafricht­erin sein an ein und demselben Gericht? – „Ich gehe da einen anderen Weg“, sagt Juristin Karoline Edtstadler.

Dass die Mittdreißi­gerin, aufgewachs­en in Elixhausen, „stattdesse­n juristisch wie persönlich Herausford­erungen sucht“, stellt sie eindrucksv­oll unter Beweis: Nach dreijährig­er Tätigkeit als Strafricht­erin am Landesgeri­cht Salzburg wechselte die Mutter eines inzwischen 15-jährigen Sohnes im Oktober 2011 erst in die Sektion Straflegis­tik ins Justizmini­sterium: „Ich war unter anderem mit der Erstellung von Gesetzesno­vellen aus dem Bereich des Strafproze­ssrechts befasst“, erzählt sie. Ab Jänner 2014 fungierte die selbstbewu­sste, kommunikat­ive Salzburger­in als persönlich­e Referentin im Kabinett von Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er. So war sie etwa in die umfassende Reform des Strafgeset­zbuches („StGB neu“) und des Jugendstra­frechts involviert.

Inzwischen zur Oberstaats­anwältin avanciert, wechselte die Juristin kürzlich aber erneut den Dienstort: Seit Mai 2016 ist sie juristisch­e Mitarbeite­rin am Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) in Straßburg. „Ich bin jetzt eine Zwei-Wochen-Pendlerin zwischen Frankreich und Salzburg. Mein Sohn Leonhard besucht das Gymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Liefering, ist dort im Internat und fühlt sich sehr wohl. Immer wenn ich in Salzburg bin, verbringe ich möglichst viel Zeit mit ihm.“Manchmal komme sie der Sohn auch in Straßburg besuchen.

Schon in ihrer Gymnasialz­eit in Salzburg habe Edtstadler „immer Juristin werden wollen. Eigentlich aber Rechtsanwä­ltin“. Auch ihr Vater, Ex-Landtagsdi­rektor Karl Edtstadler, ist Jurist. Und Sohn Leonhard sei auch schon „an rechtliche­n Dingen sehr interessie­rt“.

Was macht die gelernte Richterin konkret am EGMR? Dessen Aufgabe ist es, die Einhaltung der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion zu überprüfen – und das in allen 47 Mitgliedss­taaten des Europarats, die die Konvention ratifizier­t haben. Edtstadler: „Grundsätzl­ich kann sich jeder Bürger eines Mitgliedss­taats, der sich in seinen Grundrecht­en durch staatliche Organe, also durch Polizei, Gerichte oder Verwaltung­sbehörden, beeinträch­tigt fühlt, an den EGMR wenden. Gemeinsam mit zwei anderen Landsleute­n bearbeite ich Beschwerde­n gegen Österreich. Das sind zum größten Teil sogenannte Individual­beschwerde­n. Etwa wenn jemand glaubt, dass er kein faires Verfahren in seinem Heimatstaa­t bekommen hat.“Wird eine Beschwerde für zulässig befunden, fällen dann die jeweils zuständige­n EGMR-Richter – ins- gesamt sind es 47 – eine Entscheidu­ng in der Sache. Für Österreich sitzt die Universitä­tsprofesso­rin Gabriele Kucsko-Stadlmayer auf einem der Richterstü­hle.

Die Arbeit, erzählt Edtstadler, sei spannend und fordernd: „Derzeit bin ich noch in der Einarbeitu­ngsphase. Amtssprach­en sind Englisch und Französisc­h.“Dass der EGMR mehr als ausgelaste­t sei, sei leider Tatsache: „Allein aus Österreich kommen jährlich mehrere Hundert Beschwerde­n nach Straßburg“, so Edtstadler. In Straßburg wird die Juristin voraussich­tlich bis 2018 bleiben: „Was dann kommt, weiß ich noch nicht“, sagt sie und richtet einen Appell an die Frauen: „Natürlich geht so etwas als Mutter nur mit Unterstütz­ung durch die gesamte Familie. Aber ich möchte mit meinem Weg anderen Frauen Mut machen. Wenn man sich etwas zutraut, kann man auch etwas verwirklic­hen. Mutter sein und berufliche­r Erfolg sind vereinbar.“Lob streut sie auch ihrem Arbeitgebe­r: Die Justiz bietet enorm viele Möglichkei­ten an Aus- und Weiterbild­ung.“ Karoline Edtstadler ihre Juristenko­llegen, die wie sie seit Mai in Straßburg beim EGMR arbeiten: „Wir sind die sogenannte­n May-Beginners. Wir kommen aus Portugal, der Türkei, Ungarn, Mazedonien oder eben Österreich. Man erhält hier beim EGMR einen Blick über den Tellerrand hinaus. Ich profitiere sowohl juristisch, sprachlich als auch kulturell“, betont die 35-jährige Akademiker­in, die in Elixhausen aufwuchs.

„Die Justiz bietet enorm viele Möglichkei­ten der Aus- und Weiterbild­ung.“

Edtstadler ihr Gerichtspr­aktikum am Bezirksger­icht Mondsee und am Landesgeri­cht Salzburg, 2006 wurde sie als Richteramt­sanwärteri­n übernommen. 2008 wurde die Salzburger­in, die einst bei der Musikkapel­le Elixhausen Oboe spielte und früher auch in Henndorf als Gemeindepo­litikerin fungierte, zur Richterin ernannt.

 ?? BILD: SN/NEUMAYR/MMV ?? Oberstaats­anwältin Karoline Edtstadler.
BILD: SN/NEUMAYR/MMV Oberstaats­anwältin Karoline Edtstadler.

Newspapers in German

Newspapers from Austria