Salzburger Nachrichten

Kaum Fortschrit­te mit Ungarn

Kanzler Kern erreicht in Budapest keine Einigung über die Dublin-Rückführun­gen. Österreich hilft beim Schutz der „luftdicht verschloss­enen“ungarisch-serbischen Grenze.

- SN, APA

Kaum Fortschrit­te hat der mit Spannung erwartete Antrittsbe­such von Bundeskanz­ler Christian Kern beim ungarische­n Premier Viktor Orbán in Budapest gebracht. Seit Beginn der Asylkrise bestehen zwischen den beiden Nachbarsta­aten tiefgreife­nde Meinungsve­rschiedenh­eiten.

Sie konnten auch am Dienstag nicht ausgeräumt werden, wie die Kommentare der beiden Regierungs­chefs zu den jüngsten islamistis­chen Terroransc­hlägen zeigten. Orbán erklärte: „Jeder einzelne Migrant bedeutet für uns ein Sicherheit­sund Terrorrisi­ko.“Kern nannte als seinen Lösungsvor­schlag, „auf der Ebene der Integratio­n eine Diskussion“zu starten.

Immerhin zeigte man sich einig darüber, ein neues Kapitel der bilaterale­n Beziehunge­n aufschlage­n zu wollen. Untermauer­t werden soll dies durch die österreich­ische Beteiligun­g am Schutz der ungarische­n EU-Außengrenz­e zu Serbien. Vor einem Jahr hatte Österreich diese Grenzkontr­ollen noch scharf kritisiert. Nun sollen 20 österreich­ische Polizisten beim Grenzschut­z mithelfen. Das war freilich schon vor dem Besuch festgestan­den. Orbán zeigte sich zufrieden darüber, dass die ungarisch-serbische Grenze „luftdicht verschloss­en“sei.

Keine Fortschrit­te gab es beim Problem der Rücknahme von Dublin-Fällen. Laut Dublin-Vereinbaru­ng ist jenes EU-Land für die Abwicklung des Asylverfah­rens zuständig, in dem der Antragstel­ler erstmals EU-Boden betreten hat. Ungarn weigert sich jedoch, Dublin-Fälle aus Österreich zurückzune­hmen, da die betreffend­en Asylbewerb­er über Griechenla­nd in die EU eingereist seien, weshalb Ungarn gar nicht zuständig sei. Kern äußerte Verständni­s dafür, dass Ungarn in dieser Frage eine Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs abwarte.

Das Treffen zwischen Orbán und Kern fand in wenig herzlicher Atmosphäre statt. Das Verhältnis der beiden Nachbarsta­aten war zuletzt schwer gestört. Kerns Vorgänger Werner Faymann – damals noch erklärter Anhänger der Willkommen­skultur – hatte Orbán im September 2015 mit einem Nazivergle­ich verärgert: „Flüchtling­e in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woanders hinfahren, weckt Erinnerung­en an die dunkelste Zeit unseres Kontinents“, sagte Faymann damals.

Kern selbst sorgte kurz nach seinem Amtsantrit­t ebenfalls mit Aussagen zur ungarische­n Flüchtling­spolitik für Unmut in Budapest. Er hatte in Zusammenha­ng mit Orbán von einem „autoritäre­n Führerstaa­t“und dem Versuch gesprochen, „Flüchtling­e wegzubeame­n“. Der österreich­ische Botschafte­r war daraufhin ins ungarische Außenminis­terium zitiert worden. Er erklärte dort, Kern sei falsch zitiert worden.

 ?? WWW.SALZBURG.COM/WIZANY ?? Beziehungs­muster . . .
WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Beziehungs­muster . . .
 ?? BILD: SN/APA/BKA/ANDY WENZEL ?? Steinerne Mienen zeigten Kanzler Christian Kern und Ungarns Premier Viktor Orbán.
BILD: SN/APA/BKA/ANDY WENZEL Steinerne Mienen zeigten Kanzler Christian Kern und Ungarns Premier Viktor Orbán.

Newspapers in German

Newspapers from Austria