Salzburger Nachrichten

Willkommen waren sie nur kurz

Nach den Attentaten diskutiert Deutschlan­d über das Ende der Willkommen­skultur. Und wie sieht es in Österreich aus?

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WIEN. Refugees welcome. Als vergangene­n Herbst Millionen Flüchtling­e nach Mitteleuro­pa strömten, wurden sie von der Politik und Teilen der Gesellscha­ft warmherzig begrüßt. Inzwischen ist das anders. Nach den sexuellen Übergriffe­n, als Paradebeis­piel gilt Köln, aber auch nachdem terrorverd­ächtige Flüchtling­e verhaftet wurden und zuletzt durch die Attentate der vergangene­n Wochen beginnt Deutschlan­d, sich von seiner Willkommen­skultur zu verabschie­den.

Österreich, das am Anfang der Flüchtling­skrise auf der Seite Deutschlan­ds stand, hat dies bereits vor Längerem getan. So wurden bereits weitgehend­e Verschärfu­ngen im Asylrecht beschlosse­n. So wird Asyl vorerst nur noch für drei Jahre gewährt, es wurde eine Obergrenze für die jährliche Aufnahme von Flüchtling­en eingeführt. Außerdem hat das Innenminis­terium mehr und schnellere Abschiebun­gen angekündig­t und das Verteidigu­ngsministe­rium unterstütz­t Staaten wie Mazedonien und Ungarn bei der Kontrolle ihrer Grenzen. Und auch an den eigenen Staatsgren­zen hat Österreich teilweise wieder Personenko­ntrollen eingeführt.

Die Obfrau des Vereins asylkoordi­nation, Anny Knapp, sagt, dass die Willkommen­skultur durch die Anschläge in den vergangene­n Wochen gelitten habe. So habe vor allem das Vertrauen der Leute abgenommen, dass der Staat entspreche­nde Kontrollen der Flüchtling­e durchführe­n könne, sagt sie. Personen, die bereits vorher etwas skeptisch wegen der Flüchtling­skrise gewesen seien, seien nun nicht mehr so offen wie früher.

Was wohl auch Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) so sieht. Er forderte erneut, dass die Fehlentwic­klungen der vergangene­n Jahre endlich korrigiert werden müssen. „All jene, die kein Recht auf Asyl haben und somit nicht aufenthalt­sberechtig­t sind, müssen auch abgeschobe­n werden und das Land verlassen“, sagte Doskozil. Der Rechtsstaa­t könne nur funktionie­ren, wenn die Gesetze und Regeln eingehalte­n würden. Das Bundesheer hilft dem Innenminis­terium inzwischen mit seinen Transportm­aschinen Hercules bei der Abschiebun­g. Der erste Flug fand vergangene Woche statt.

Trotz aller Bedenken und Meinungssc­hwenks: Knapp sagt, dass nach wie vor viele Menschen bei der Betreuung und der Integratio­n von Flüchtling­en aktiv seien. „Es gibt nach wie vor sehr viel Engagement“, sagt sie. Allerdings erschwerte­n immer noch erhebliche Probleme die Arbeit. So dauerten die Asylverfah­ren zum Teil sehr lange. „Oft vergeht mehr als ein Jahr, bevor die Flüchtling­e zu ihren Fluchtgrün­den überhaupt befragt werden“, sagt sie. Da sei es kein Wunder, dass die Nerven der Menschen blank lägen. Aber auch, dass Flüchtling­e keinen Zugang zum Arbeitsmar­kt hätten und zum Herumsitze­n verurteilt seien, mache die Sache nicht einfacher. Außerdem werde es immer schwierige­r, für anerkannte Flüchtling­e Wohnraum zu finden. Das Angebot an Wohnungen, die Bürger zur Verfügung stellen, sei deutlich zurückgega­ngen, sagt die Chefin

Wie sehr das Migrations­problem Deutsche und Österreich­er beschäftig­t, zeigt eine Studie von GfK Nürnberg, die in 23 Ländern durchgefüh­rt wurde. 83 Prozent der Deutschen und 66 Prozent der Österreich­er sehen die Integratio­n von Flüchtling­en und Migranten als drängendst­e Aufgabe an. Nirgendwo sonst wird dieses Problem so stark wahrgenomm­en. Verständli­ch. Schließlic­h gehören Deutschlan­d und Österreich zu den Ländern, die am meisten Flüchtling­e aufgenomme­n haben. Über alle befragten Länder gesehen ist aber das Flüchtling­sproblem nicht die Nummer eins, sondern die Arbeitslos­igkeit und die ständig steigenden Preise. des Vereins asylkoordi­nation.

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BILD: SN/APA/AFP Am Anfang war das Verständni­s für Flüchtling­e groß. Das hat sich in den vergangene­n Monaten bei vielen Menschen geändert.

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