Brüssel reist mit schwerem Gepäck in die Sommerpause
Terror, außenpolitische Krisen, Brexit und künftige Personalrochaden werden in der EU für einen unruhigen Herbst sorgen.
Das offizielle Brüssel verabschiedet sich ungeachtet aller Schreckensmeldungen in die Sommerpause. Bis September gibt es keine formellen Ratstreffen, das Europaparlament kommt erst im Herbst wieder zusammen. Die EUKommission wird heute, Mittwoch, ihre letzte planmäßige Sitzung vor dem Sommer abhalten, den politischen Herbst eröffnet sie wie im Vorjahr einen Monat später mit einem Seminar des Kollegiums der Kommissare.
Es wird ein heißer politischer Herbst für Europa werden, so viel lässt sich schon heute prophezeien. Auch wenn erst gegen Jahresende die offiziellen Verhandlungen starten dürften, der Austritt Großbritanniens aus der EU wird schon davor ein bestimmendes Thema sein. Vor allem in Form der Debatte, wohin sich die Gemeinschaft weiterentwickeln soll, jetzt, da sich die Briten von ihr verabschieden.
Die nächste hochrangige Debatte dazu findet am 16. September beim informellen Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs in Bratislava statt. Obwohl bei diesen EU-Gipfeln der Präsident des Europaparlaments zumindest zu einer Sitzung eingeladen ist, sind die Auftritte von Martin Schulz bei solchen Treffen wohl gezählt. Bevor sich nach der Wahl 2019 das Europaparlament neu zusammensetzt, muss der Deutsche den Chefsessel räumen. So sieht es zumindest eine Absprache der beiden größten Fraktionen, der Europäischen Sozialdemokraten und der Europäischen Volkspartei, vor.
Die beiden Fraktionen wollen sich den höchsten Posten im Europaparlament aufteilen. Nach der Hälfte der Amtszeit soll gewechselt werden. Da derzeit mit Schulz ein Sozialdemokrat am Ruder ist, müsste im Jänner 2017 ein Konservativer folgen.
Ob Schulz nicht doch für die gesamte Amtszeit bleiben könnte, da die EU doch gerade in diesen unruhigen Zeiten Kontinuität brauchen könnte? EU-Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker wäre jedenfalls dafür, wie er in Interviews bereits wissen ließ. Andere Vertreter der Europäischen Volkspartei, im EU-Parlament und auch in Deutschland sind entschieden dagegen.
Ausdiskutiert ist die Sache längst nicht. Zudem könnte der Wechsel an der Spitze des Europaparlaments einen Dominoeffekt auslösen: Danach würden die Chefs aller drei Institutionen aus der Volkspartei kommen. Ein politisches Ungleichgewicht, das nicht gern gesehen wird. Zur Diskussion stünde dann wohl die Ablöse von EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er wurde im Dezember 2014 gewählt, seine Amtszeit beträgt zweieinhalb Jahre. Bis jetzt konnte man annehmen, dass Tusk für eine weitere Periode bestätigt wird. Über den heißen Herbst muss diese Annahme allerdings nicht zwingend halten.