Salzburger Nachrichten

Wie leben Christen unter dem IS?

Die Terrormili­z glaubt, im Koran Argumente für ihr Vorgehen zu finden.

- SN, dpa

Christen und religiöse Minderheit­en leiden besonders unter der Herrschaft der sunnitisch­en Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS). Seit der IS im Juni 2014 sein Kalifat ausgerufen und große Teile Syriens und des Iraks unter seine Kontrolle bringen konnte, hat sich die Situation von Andersgläu­bigen deutlich verschlech­tert.

In vielen Orten wurden Christen vor die Wahl gestellt, entweder zum Islam zu konvertier­en, eine Extrasteue­r zu zahlen oder das Land zu verlassen. Christen gelten wegen der Bibel als „Menschen des Buches“und dürfen unter bestimmten Umständen im Herrschaft­sgebiet des IS bleiben – allerdings unter strengen Auflagen. In Syrien wurden Hunderte Christen verschlepp­t und teilweise nur gegen hohe Lösegeldza­hlungen wieder freigelass­en. Schätzunge­n zufolge ergriffen Hunderttau­sende Assyrer und Jesiden die Flucht. Kirchen und Klöster wurden von den Dschihadis­ten teilweise zerstört oder entweiht. Im irakischen Mossul, einer der Hochburgen des IS, wurden zahlreiche christlich­e Familien aus ihren Häusern vertrieben und enteignet.

Die Verfolgung der Christen durch den IS hat damit zu tun, dass die Terrorgrup­pe meint, im Koran Argumente für ihr Vorgehen zu finden. So ist in Sure 59:2 zu lesen, Mohammed habe die Juden, „die ungläubig sind“, aus ihren Wohnstätte­n vertrieben. Vor seinem Tod versprach er: „Ich werde die Juden und Christen von der Arabischen Halbinsel vertreiben und niemanden außer Muslimen dort leben lassen.“Auch die Kopfsteuer, die der IS von den Christen in Mossul kassieren wollte, ist für Menschen, die die Korantexte wörtlich nehmen, in Sure 9:29 begründet: „Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und den Jüngsten Tag glauben (. . .), bis sie in Demut Tribut entrichten.“

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