Rio und die großen Baustellen
Gut eine Woche vor Beginn der Olympischen Spiele kämpft Rio de Janeiro um seinen Ruf. Abgesehen vom Nichtausschluss Russlands hagelt es in anderen Bereichen heftige Kritik.
Am nächsten Freitag, also in neun Tagen, werden in Rio de Janeiro die ersten Olympischen Spiele in Südamerika eröffnet. Bevor und während der Sport in 28 Sportarten und 306 Medaillenentscheidungen das Sagen hat, müssen vor allem die Organisatoren und das IOC Baustellen beseitigen – sofern das überhaupt möglich ist.
Russland
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sieht sich wegen der Starterlaubnis für Russlands Mannschaft heftiger Kritik ausgesetzt. Mit Unverständnis reagierten Funktionäre, Sportler und Dopingfahnder auf die Entscheidung der IOCSpitze um Präsident Thomas Bach, der Sportgroßmacht trotz nachgewiesenen Staatsdopings den Weg nach Brasilien zu ebnen. Beifall gab es nur von höchster Stelle aus Moskau. Da die Starterlaubnis nun den Fachverbänden obliegt, werden neben 68 Leichtathleten wohl „nur“weitere rund 20 Russen fehlen. Zuletzt wurden Kanu-Olympiasieger Alexander Djatschenko und drei weitere Kanuten ausgeschlossen.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) reagierte auf das Urteil mit „großer Enttäuschung“und sieht einen „Rückschritt“im Kampf gegen Doping. Die spanische Sportzeitung „Marca“formulierte: „Das IOC hisst die Fahne Russlands.“Noch heftiger wird die italienische „Tuttosport“: „Es gewinnt Putin. Was für ein Rückschritt!“Der deutsche Diskus-Olympiasieger Robert Harting attackierte Bach heftig: „Er ist für mich Teil des Dopingsystems. Ich schäme mich für ihn.“
Sicherheit
Wegen mutmaßlicher Anschlagspläne während der Spiele hat die brasilianische Polizei mittlerweile zwölf Verdächtige festgenommen. 130 Polizeibeamte hatten insgesamt 19 Wohnungen in mehreren Bundesstaaten durchsucht. Die aus Brasilianern bestehende Gruppe hatte den Kauf von Waffen geplant. Einige der Verdächtigen schworen demnach im Internet der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“(IS) die Treue. Es habe aber keinen direkten Kontakt zur IS-Miliz gegeben. Der Justizminister versicherte, die Terrorgefahr sei trotzdem „sehr klein“. Die Gruppe sei „eine absolute Amateur-Zelle“und schlecht organisiert gewesen. Der Fall hat in Brasilien viel Aufmerksamkeit hervorgerufen, da der islamistische Terrorismus hier bisher keine Rolle spielte. Bei dem Großereignis sollen 47.000 Polizisten und 38.000 Soldaten eingesetzt werden, um Sportler und Zuschauer zu schützen.
Athletendorf
Als unwürdig für Olympia wurde das Athletendorf bezeichnet, nachdem sich Sportler sogar geweigert hatten einzuziehen. Australien etwa bemängelte „verstopfte Toiletten, undichte Rohre, freiliegende Stromkabel und dringend einer Großreinigung bedürftige schmutzige Böden“. Die Reparaturarbeiten sollen nun aber bald abgeschlossen sein. Die Siedlung aus 31 Hochhäusern soll bis zu 18.000 Athleten und Betreuer beherbergen.
Dreckwasser
Rios Schmutzwasser bereitet den Kanuten große Sorgen. „Solche schlechten Bedingungen habe ich bei Olympia noch nie erlebt“, echauffierte sich etwa der deutsche Trainer über die Zustände in der Lagune Rodrigo de Freitas. Es gilt als fraglich, ob die Organisatoren noch rechtzeitig Besserung schaffen können in dem Gewässer, das eigentlich so malerisch im Schatten des Corcovado mit der Christus-Statue nahe dem berühmten Stadtteil Copacabana liegt. Immer wieder kommt es in der Lagune wegen Abwässern aus Zuflüssen zu dramatischem Fischsterben.
Zika-Virus
Bei den Zika-Virus-Erkrankungen gibt es keine Entwarnung. „Wir begrüßen, dass der österreichische Nationalrat zuletzt (. . .) auch Zika-Virus-Infektionen der Meldepflicht unterworfen hat“, sagt der Wiener Neurologe Wolfgang Grisold. Es sei anzunehmen, dass man nach Olympia auch in Europa einen Anstieg importierter Zika-Fälle sehen werde. Viele Sportler – teils auch nur als Vorwand – hatten ihre Teilnahme wegen des Virus abgesagt.