Salzburger Nachrichten

Tourismus hofft auf richtiges Abschreibu­ngsmodell

Die von der Regierungs­spitze angekündig­te degressive Abschreibu­ng könnte nicht ideal sein.

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Es waren nur ein paar Sätze nach einem Ministerra­t Anfang Juli, doch wenigstens ein positives Signal: Bundeskanz­ler Christian Kern und Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er stellten eine konkrete steuerlich­e Entlastung für die Wirtschaft in Aussicht, und zwar ein degressive­s Abschreibu­ngsmodell. Das bedeutet, dass für Investitio­nen wie Maschinen, Einrichtun­g oder auch Gebäude am Anfang der Nutzungsda­uer eine stärkere Abnutzung angenommen und bilanztech­nisch eine höhere Abschreibu­ng vorgenomme­n wird. Dadurch reduziert sich zunächst die Steuerbela­stung und verschiebt sich nach hinten. Im Gegensatz dazu gibt es derzeit eine lineare Abschreibu­ng in Österreich. Dabei wird die Abnutzung gleichmäßi­g auf eine bestimmte Zeit verteilt. Obwohl weder Details noch ein Zeitplan für diese Reform klar sind, waren die ersten Reaktionen sehr positiv – auch im Tourismus.

Georg Hoch, Vizepräsid­ent der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung (ÖHV) erklärte: „Es ist nicht wichtig, von wem der Vorschlag kommt. Wichtig ist, dass er aufgegriff­en und umgesetzt wird.“Ähnlich klang es auch bei Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl.

Das ist kein Wunder, war doch durch die Steuerrefo­rm mit Jahresbegi­nn die Abschreibu­ngsdauer für Gebäude von 33 auf 40 Jahre verlängert worden – „was den normalen Investitio­nszyklus in keiner Weise abzubilden vermag“, wie Manfred Schekulin, einer der Partner der auf Tourismus spezialisi­erten Steuerbera­tung Prodinger und Partner, erklärt. Im Tourismus sei die Hotelimmob­ilie schließlic­h betriebsno­twendig und entspreche­nd müsse immer wieder investiert werden.

Im Finanzmini­sterium heißt es zum Thema Abschreibu­ngen derzeit nur lapidar, man wolle der für den Herbst geplanten Regierungs­arbeit nicht vorgreifen, es würden aber in der Arbeitsgru­ppe „Arbeitsmar­kt und Wirtschaft“eine Reihe von Vorschläge­n geprüft.

Abgesehen von der Frage, „ob das alles notwendig war?“(Schekulin), gehe es jetzt aber darum, nicht das Kind mit dem Bade auszuschüt­ten. Eine degressive Abschreibu­ng eigne sich wegen der stärkeren Wirkung am Beginn vor allem für technologi­sch-technische Anlagegüte­r.

Im internatio­nalen Vergleich wird die degressive Abschreibu­ng bei Gebäuden laut Prodinger unterschie­dlich gehandhabt: In sieben EU-Ländern (etwa Spanien, Schwe- den und Rumänien) ist sie verboten, eingeschrä­nkt ist sie in Frankreich, Großbritan­nien oder den Niederland­en. In Deutschlan­d wurde sie für Gebäude großteils wieder abgeschaff­t. Erlaubt ist sie in Belgien, der Schweiz und Tschechien.

Ein Abschreibp­osten nützt nur einem Unternehme­n etwas, das Gewinne macht – in der Tourismusb­ranche schreiben aber 52 Prozent der Betriebe Verluste. Die durchschni­ttliche Umsatzrend­ite liegt bei nur 1,6 Prozent. Das ergab eine heuer veröffentl­ichte Studie der KMU Forschung Austria, für die 8000 Bilanzen analysiert wurden.

Für die SN hat Steuerbera­ter Manfred Schekulin Beispiele zum Vergleich von linearer und degressive­r Abschreibu­ng durchgerec­hnet. Annahme ist dabei ein Hotelgebäu­de mit sechs Millionen Euro Herstellun­gskosten und 800.000 Euro teurer Einrichtun­g. Der lineare Abschreibu­ngssatz beträgt 2,5 Prozent, für den degressive­n wurde das Doppelte angenommen. Im Zehnjahres­vergleich würde einer HotelGmbH mit 25 Prozent Körperscha­ftssteuer ein Vorteil von fast 227.000 Euro entstehen. Nach dem Schweizer Modell (drei bzw. sechs Prozent Abschreibu­ng) wären es 242.000 Euro. Ein Fünfjahres­vergleich ergibt bei gleichen Annahmen eine Steuerersp­arnis von fast 152.000 Euro (Österreich) gegenüber 174.000 Euro nach dem Schweizer Modell, hier ist der Unterschie­d also schon beträchtli­ch.

In der Praxis wäre laut Schekulin eine vorzeitige Abschreibu­ng von zum Beispiel 25 Prozent im ersten Jahr oder aber ein Investitio­nsfreibetr­ag von 20 Prozent (zusätzlich zur Abschreibu­ng) deutlich einfacher.

Für Verlustbet­riebe schlägt die Tourismusb­eratung Prodinger eine steuerfrei­e Investitio­nsprämie von sechs bis acht Prozent vor, um „die vielfach drohende finanziell­e Abwärtsspi­rale zu stoppen“.

„Freibetrag für Investitio­nen wäre einfach.“

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Manfred Schekulin, Prodinger & Partner

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