Salzburger Nachrichten

Nicht länger reden, einfach machen

Die Digitalisi­erung der Welt ist Realität. An der dafür nötigen Infrastruk­tur und Ausbildung mangelt es in Österreich immer noch.

- Monika Graf MONIKA.GRAF@SALZBURG.COM

Kommt Ihnen beim Wort Breitbandm­illiarde schon das große Gähnen? Haben Sie in den vergangene­n drei, vier Jahren gefühlte 10.000 Mal von der Breitbands­trategie der Regierung gehört oder gelesen? Und trotzdem lahmt das Mobiltelef­on, wann immer man außerhalb der großen Ballungsge­biete schnell etwas im Internet nachsehen will. Was viele Menschen aus ihrem Alltag schon wissen, bestätigt nun das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) in einer Studie: Österreich liegt bei der Digitalisi­erung in Europa (das global auch nur Mittelmaß ist) im Mittelfeld und fällt im Vergleich zu ähnlich reichen Ländern zurück.

Der scheidende Wifo-Chef Karl Aiginger spricht vom „Fluch der gehobenen Mittelmäßi­gkeit“, unter dem Österreich bei der Digitalisi­erung ebenso leidet wie bei der Forschung oder der Energieeff­izienz. Man kann es kaum besser ausdrücken. Die Mobilfunkt­arife in Österreich zählen zu den günstigste­n in Europa, doch für eine Welt mit selbstfahr­enden Autos, vollautoma­tisierten Industriea­nlagen, Datencloud und Telechirur­gie fehlen schnelle Leitungs- und Funkkapazi­täten. Für die Politik war nur wichtig, dass Telefonier­en und Surfen billig bleibt, nur das bringt Stimmen.

Richtig schnelle Netze, die werden schon irgendwie von selbst kommen, schien das Motto zu lauten. In den Ballungsrä­umen hat die Methode funktionie­rt, und zum Teil in einigen Bundesländ­ern, darunter auch Salzburg. Dort haben Mobilfunkk­onzerne und Internetpr­ovider investiert, weil sich Geld mit schnellen Breitbanda­nschlüssen verdienen lässt. Anderorts warten alle noch auf die sagenumwob­ene Milliarde.

Nun soll das Geld tatsächlic­h fließen – scheibchen­weise, weil das angespannt­e Budget nicht mehr erlaubt. Wichtiger als Förderunge­n wären aber eine Lockerung der Regulierun­gen für die Informatio­nsund Kommunikat­ionsbranch­e, raschere Genehmigun­gsverfahre­n – und vor allem Wissensver­mittlung. Denn trotz Breitbandm­illiarde ist es nicht sicher, dass Österreich rasch fit genug wird für den Wettbewerb in der digitalen Welt. Um dort halbwegs bestehen zu können, sind neue Fähigkeite­n nötig, vielleicht auch ein anderes Steuersyst­em. Hier könnte, nein, sollte die Regierung ansetzen. In der Vergangenh­eit gab es vollmundig­e Ankündigun­gen und hübsche Broschüren, die medientaug­lich präsentier­t wurden. Was an konkreten Taten folgte, war wenig bis nichts. Im Herbst sollte klar sein, ob es diesmal anders ist – oder das Mobiltelef­on auf dem flachen Land weiter lahmt.

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