Autofrei? „Das bring ich nicht z’samm“
Salzburgs Stauproblem sei harmlos im Vergleich zu anderen Städten, sagt der Bürgermeister. Der Bus sei auch kein „Arme-LeuteVerkehrsmittel“.
1992 erfolgte sein Einstieg in die Politik, heute sieht er manches differenzierter. Heinz Schaden hat sich damals als „Nobody“zum Ziel gesetzt, Salzburgs Hausberg, den Gaisberg, autofrei zu gestalten. Warum der SPÖ-Stadtchef das „nicht z’sammbringt“und warum das Verkehrsproblem in der Landeshauptstadt ein harmloses sei, erzählt er in einem etwas anderen Sommerinterview.
Es gehört zum Wesen eines Politikers, Dinge anzukündigen oder zu fordern. Das Schöne ist, dass sie meist schriftlich festgehalten werden. Die SN werden Spitzen- politiker in einer losen Sommerserie mit ihren Zielen von einst konfrontieren. Frei nach dem Motto: Versprochen, gebrochen? Den Auftakt macht Heinz Schaden (SPÖ). Das heutige Stadtoberhaupt setzte sich 1992 in einem SN-Interview (siehe Faksimile) den autofreien Gaisberg, die Verlängerung der Lokalbahn und verstärkte Bürgerbeteiligung zum Ziel.
SN: Was ist aus all Ihren Zielen von damals geworden?
Heinz Schaden: Autofreier Gaisberg, tja. Einen Bus hinauf haben wir, der auch sehr gut angenommen wird. Ich muss das akzeptieren, dass die Leute gerade im Winter, wenn unten Nebel und oben Sonne ist, da hinauffahren wollen. Das zu verbieten, bringe ich nicht z’samm, obwohl ich viel unterwegs bin auf dem Berg.
SN: Autofrei – dieses Schlagwort setzt sich ja nie wirklich durch in der Stadt, oder?
Die autofreie Innenstadt gibt es sehr wohl mit den Pollern. Und die Kurzparkzonen erweitern wir jetzt. Da geht es in erster Linie um das Pendlerproblem. Wobei ich die Pendler nicht beschimpfen will, aber 90.000 Fahrten kommen von außerhalb, durch die Zersiedelung im Zentralraum.
SN: Da müsste man mit dem Land bei Verkehrsdingen auf einer Linie sein, nicht?
Mit wem im Land? Das ist mühsam. Immer wieder. Egal unter welchen Vorzeichen. Das beste Verhältnis habe ich immer noch zu Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
SN: Fällt Ihnen ein freundlicher Satz zu Grünen-Chefin Astrid Rössler ein?
Kaum.
SN: Zurück zu Ihren Zielen: Verlängerung der Lokalbahn?
Derzeit ein finanztechnisches Problem erster Größenordnung.
SN: Fahren Sie selbst Auto?
In der Freizeit ja, oder wenn ich einen Großeinkauf am Wochenende tätige.
SN: Fahren Sie mit dem Obus?
Nein. Ich wohne zu Fuß fünf Minuten vom Schloss Mirabell. Da ist das nicht notwendig.
SN: Wie können Sie dann beurteilen, ob die Öffis gut oder schlecht sind?
Doch. Ich bekomme ja Rückmeldungen, und die sind überwiegend positiv. Der Bus hat ja nichts mehr von einem „Arme-LeuteVerkehrsmittel“. Die sind elegant und entsprechen den Bedürfnissen der Internetgeneration.
SN: Haben Sie Ihre Visionen aus den Augen verloren, vor allem im Verkehrsbereich?
Nein, aber ich möchte nicht Dinge anreißen, die unrealistisch sind und die ich dann meinem Nachfolger hinterlasse.
SN: Das Verkehrsproblem hinterlassen Sie ihm aber.
Wir haben in den letzten 20 Jahren eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens in der Stadt. Das ist kein Salzburg-Spezifikum,
das ist weltweit so. Und im Vergleich zu Russland oder China ist das harmlos, was wir hier haben.
SN: Wenn Ihnen die Verlängerung der Lokalbahn zu teuer ist, warum setzen Sie nicht wenigstens die Stieglbahn um?
Da gibt’s niemanden, der das befürwortet. Da bin ich auch mit Johann Padutsch einer Meinung. Das ist kein Thema. Völlig unrentabel.
SN: Verstärkte Bürgerbeteiligung ist auch nur ein Schlagwort geblieben?
Wir waren ja knapp dran, aber es scheiterte an der Erweiterung der Mönchsberggarage. Die Bürgerliste und die Grünen im Land sind aufgestanden und haben gefordert, die Beteiligungen der Stadt miteinzubeziehen. Da wird’s haarig. Soll ich bei der Salzburg AG über das Geothermie-Projekt abstimmen lassen? Kann ich mir gut vorstellen, dass das eine Mehrheit der Bevölkerung haben will. Was das für das Unternehmen heißt, wenn 190 Millionen Euro in den Sand gesetzt werden, brauche ich nicht sagen.
SN: Das Modell der direkten Demokratie ist gestorben?
Ich lege das sicher nie mehr vor.
SN: Was soll denn einmal mit Heinz Schaden in Verbindung gebracht werden? Eine Phase der relativen Stabilität und erledigter, auch städtebaulicher, Aufgaben – ich sage nur Lehen, Itzling und Unipark. Da erwähne ich Johann Padutsch in einem Zug mit. Ich finde das auch nicht sehr okay, wie die Bürgerliste zurzeit mit ihm umgeht. Da werden Nachfolgekämpfe auf offener Bühne ausgetragen. Seine Fraktion droht mit einer Abstimmung gegen seine Fachabteilung. Das finde ich respektlos.
SN: Apropos Städtebau: Seit 20 Jahren hat Salzburg Weltkulturerbe-Status. Grund zum Feiern?
Nein. Das wäre ein bisschen eitel. Das wäre vermessen zu sagen, „wir waren so großartig“. Ich habe das ja alles nicht gebaut, das war Wolf Dietrich.
SN: Zur Welterbestadt gehören auch die Zweitwohnsitze. Ist Ihnen das ein Dorn im Auge, wie dem Land?
Das mit den Zweitwohnsitzen ist ein Kreuz. Ich begrüße die Regelung im neuen Raumordnungsgesetz sehr. Die Frage ist nur, wie wir das exekutieren. Man kann einen Zweitwohnsitz ja sehr gut tarnen. Ich weiß in meiner unmittelbaren Umgebung einen Haufen Wohnungen, die vermutlich Zweitwohnsitze sind. Die sogenannten Anlegerwohnungen sind sehr nachgefragt. Das sind ja nicht einmal Zweitwohnsitze, sondern werden als Anlage gekauft und stehen dann leer. Das macht den Leuten in Salzburg das Leben schwer. Einen Teil dieser leer stehenden Wohnungen müssen wir mobilisieren.
SN: Die Asylkrise im Vorjahr hat auch die Stadt verändert. Ist die Bahnhofsgegend eine Problemzone?
Auf dem Südtiroler Platz sind eher die Gestrandeten, Marokkaner, die keine Chance auf Asyl haben. Ich sehe es mit Bedenken, wenn in der Stadt alleinreisende Männer untergebracht werden und die Familien werden auf das Land verteilt. In der Stadt bleiben die ganzen Problemfälle. Außerdem ist die Migrationswelle nicht vorbei. Es drängt alles Richtung Zentraleuropa. Ich sage das nicht als Berufspessimist. Das macht vielen Leuten Angst und aus der Angst heraus passieren Sachen, die politisch nicht erfreulich sind wie das Erstarken der Rechten.
SN: Nun haben Sie mit Christian Kern eine neue Hoffnung an der Spitze der SPÖ.
Ich wünsche ihm wirklich, dass er lange Bundeskanzler ist. Es könnte ein Vranitzky II werden, wenn er lang genug Zeit hat. Aber die ÖVP geht Richtung SchwarzBlau. Die Sozialdemokratie muss sich nicht neu erfinden, aber sie muss wieder in die Gänge kommen. Ich habe nicht das Gefühl, dass abgesehen von Christian Kern viel Reformbereitschaft herrscht. Da gibt es eher Funktionäre mit der berühmten Lehmschicht. Deswegen bin ich froh, dass wir in Salzburg eine Nachwuchsgeneration haben, die nicht diese Trägheit verkörpert.
SN: Vorausgesetzt Ihr Kronprinz Bernhard Auinger hält bis zur Wahl 2019 . . .
Bitte das Wort Kronprinz vermeiden. Das ist eine Apfelsorte. Und das hat sich Bernhard Auinger nicht verdient. Der ist seine eigene Marke. Ihm ist nie etwas zu Kopf gestiegen. Ist ja nicht so einfach, einen Nachfolger zu finden, wie man gesehen hat.