Dänische Autofahrer haben Angst vor dem „Brückenteufel“
Unbekannte warfen große Betonklötze auf fahrende Autos. Eine Deutsche starb vor den Augen ihres fünfjährigen Sohnes. Die Polizei hat erste Spuren.
Mit großem Unbehagen fuhren dänische Pendler Montag früh über die E20 bei Odense zur Arbeit. Tags zuvor hatten noch Unbekannte gezielt vier schwere Betonklötze von einer der vielen Autobahnüberführungen auf fahrende Autos geworfen. Eine 33-jährige Deutsche aus Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen kostete der Hinterhalt im Sommerurlaub das Leben. Die junge Mutter fuhr mit ihrem fünfjährigen Sohn und ihrem Mann auf der E20 auf der Insel Fünen Richtung Heimat. Plötzlich krachte ein 30 Kilogramm schwerer Betonklotz durch die Windschutzscheibe. Die Mutter saß mit ihrem Sohn auf dem Rücksitz und starb vor dessen Augen. Der Fünfjährige erlitt leichte Verletzungen. Der 36jährige Vater wurde sehr schwer verletzt. „Er wird wahrscheinlich überleben, aber sein Zustand ist kritisch“, sagt Charlotte Nyborg von der Polizei in Fünen am Montag den SN. „Wir fahnden wegen Mordes. Wer so große Steine auf Autos wirft, hat das Ableben der Insassen zum Ziel“, sagt Nyborg. Meldungen, die Täter hätten es gezielt auf Autos mit deutschen Nummernschildern abgesehen, dementiert Nyborg.
Allerdings könnte es sich um Serientäter handeln. Denn es war nicht der erste Vorfall an der E20 bei Odense. Bereits am 31. Jänner hatte jemand von derselben Brücke große Steine auf Autos geworfen und eine Familie im Pkw getroffen, so Nyborg. Alle überlebten, die Mutter erlitt aber einen Hirnschaden.
Augenzeugen gab es nicht. „Wir haben allerdings Bilder der Steine in den Medien veröffentlicht. Eine Firma meldete sich und sagte, dass dies eindeutig ihre Steine sind. Sie werden zum Bau von Schallschutz- mauern genutzt“, erläutert Nyborg den Stand der Ermittlungen. Nun versucht die Polizei den Ort zu ermitteln, an dem die Steine entwendet wurden, und hofft, dass die Täter dort jemand gesehen hat. Es gebe viele Hinweise aus der Bevölkerung, sagte Nyborg. „Doch leider noch nichts, was zum Fahndungsdurchbruch führen könnte.“Steine, Kanaldeckel, Baumstämme: Immer wieder werfen Unbekannte Gegenstände von Autobahnbrücken auf Fahrzeuge und verursachen schwere oder tödliche Unfälle. Erst vergangene Woche war das auch an der A1 in Niedersachsen der Fall, vier Lkw wurden beschädigt. Verletzt wurde niemand. Weil bereits kurz davor in der Region Gegenstände von Autobahnbrücken auf Wagen geschleudert wurden, setzte die Polizei in Delmenhorst eine Sonderkommission ein. Werden Täter ausgeforscht, können die Gerichtsurteile streng ausfallen: So wurde im Mai 2009 ein Mann in Deutschland wegen Mordes, dreifachen versuchten Mordes und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte am Ostersonntag 2008 einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke bei Oldenburg geworfen, der die Windschutzscheibe eines Autos durchschlug und eine Frau tötete – vor den Augen ihrer Familie. Im Februar 2000 töteten drei Schüler bei Darmstadt zwei Frauen mit einem acht Kilogramm schweren Brocken und einem Pflasterstein. Das Urteil: sieben bis achteinhalb Jahre Haft.