Der Mensch bleibt letztlich unenträtselbar
Henning Mankells letzter Roman „Die schwedischen Gummistiefel“ist ein dunkles Vermächtnis.
Düster und undurchsichtig – das ist der letzte Roman des 2015 verstorbenen schwedischen Autors Henning Mankell, der nun auf Deutsch erschienen ist.
„Die schwedischen Gummistiefel“schließen an den vor neun Jahren veröffentlichten Roman „Die italienischen Schuhe“an. Der Protagonist von damals, ein zurückgezogen auf einer Schäreninsel lebender ehemaliger Chirurg, ist älter geworden.
Das Buch beginnt mit einem Knalleffekt. Der Ich-Erzähler Fredrik Welin schreckt in einer Herbstnacht aus dem Schlaf hoch und stellt fest, dass sein Haus in Flammen steht. Mit knapper Not kann er sein Leben retten. Da Welin versichert und kein anderer Verdächtiger weit und breit zu finden ist, gerät er selbst als Brandstifter in das Visier der Behörden. „Die schwedischen Gummistiefel“sind aber kein Wallander-Krimi, und die Frage, wer in der Einsamkeit der schwedischen Inselwelt Häuser anzündet, ist nur ein Teilaspekt dieses Buches, in dem Mankell seinen 70-jährigen Protagonisten nicht nur eine bittere Lebensrückschau halten, sondern auch noch einmal die Liebe finden lässt. Es wird allerdings eine fast ebenso schwierige Beziehung wie jene des ehemaligen Arztes zu seiner Tochter Louise, von deren Existenz er erst spät erfuhr („Die italienischen Schuhe“erzählen davon).
Annäherungen sind möglich, doch letztlich müssen die Menschen einander fremd bleiben: Das scheint das Fazit des Buches zu sein, das Mankell auch anhand einiger verschrobener Einzelgänger und Inselbewohner illustriert hat. Der Mensch muss sich und den anderen ein Geheimnis bleiben. Und wer nur unter Fremden und Zugezogenen die gefährlichen Störfaktoren des Friedens auszumachen glaubt, geht in die Irre.
Eine Versammlung, in der biedere Bürger auf der Suche nach dem Feuerteufel plötzlich gegen alles Nicht-Schwedische zu hetzen beginnen, darf wohl ebenso als politisches Vermächtnis Mankells gelesen werden wie die Erkenntnis, dass sich die Biedermänner selbst als die Brandstifter entpuppen können.
Henning Mankell hat als Autor und als politischer Zeitgenosse in Wort und Tat für eine bessere Welt gestritten. Er glaubte aber nie, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben. Sie sei vielmehr „immer provisorisch und veränderbar“, schloss Mankell im März 2015 das Nachwort seines Buches. Ein halbes Jahr später war er tot. Buch: