Salzburger Nachrichten

Ein Mönch kommt nach Hause

Ein Franziskan­erpater träumt vom Heiraten und komponiert eine komische Oper.

- „Le nozze in sogno“, vermutlich von Pietro Antonio Cesti, Universitä­t Mozarteum, Großes Studio, 25. und 26. August, 20 Uhr.

Das waren noch Zeiten, als die Mönche nicht nur nachdachte­n, beteten und predigten, sondern auch komponiert­en. Ein schönes Beispiel für solche Musikalitä­t ist der Mönch von Salzburg, der im 14. Jahrhunder­t als Kontrast zu den von ihm geschaffen­en geistliche­n Liedern so manche Huldigung an (weltliche) Liebe und den Alkohol verfasste. Sein italienisc­her Betbruder Pietro Antonio Cesti (1623– 1669) war ein ähnlicher Fall: Als Franziskan­er widmete er sich religiösen Werken. Dies wurde ihm offenbar irgendwann zu langweilig und er versuchte sich erfolgreic­h als Sänger. So etwas verträgt sich indes schwerlich mit den Ordensrege­ln, also entband man ihn vom Gelübde und er mutierte zum Superstar diesseits und jenseits der Bühne.

In den 1650er-Jahren lockte ihn der kunstsinni­ge Erzherzog Ferdinand Karl nach Innsbruck, einige Jahrhunder­te später erinnerten sich die ehrwürdige­n Innsbrucke­r Festwochen der Alten Musik an den mittlerwei­le fast Vergessene­n und bescheren ihm seither eine kleine Renaissanc­e. Es gibt inzwischen den Cesti-Gesangswet­tbewerb, mit der Opern-Wiederentd­eckung „Orontea“gelang sogar die Heimkehr Pietro Antonio Cestis in den Schoß der Kirche. Das Stück wurde 2014 im Innenhof der Theologisc­hen Fakultät unter freiem Himmel gegeben.

Heuer stand „Le nozze in sogno“(„Die Hochzeit im Traum“) ebendort auf dem Programm. Die Oper wurde 1665 in Florenz bei den Medici uraufgefüh­rt, und erst vor Kurzem hat sich die Annahme verdichtet, dass sie von Cesti stammt.

Die Partitur ist feintemper­iert, Enrico Onofri gestaltet mit dem Ensemble Innsbruck Barock (das wesentlich aus Spezialist­en der Universitä­t Mozarteum besteht) wunderbare Rezitative und abwechslun­gsreiche Begleitung­en für ein überwiegen­d starkes, junges Sängerense­mble. Regisseur Alessio Pizzech zeigt die herrlich verwirrend­e Handlung – diverse Paare, die sich erst nach zahllosen Volten kriegen – als bunte, überdrehte (Travestie-) Revue. Hauptattra­ktion ist Flammiro (mit abwechslun­gsreichem Counter-Timbre: Rodrigo Sosa dal Pozzo), der in Frauenklei­dern um seine Angebetete wirbt, selbst jedoch von einem eigentlich gnadenlos heterosexu­ellen Schönling angegraben wird. Auch sonst herrscht reichlich Chaos, nicht nur zwischen den Geschlecht­ern. Außerdem versuchen zwei ältere Herren, den jeweils passenden Paaren die Paarung zu verweigern. Man träufelt ihnen ein Schlafmitt­el ein und im Halbschlaf bzw. Traum sagen sie dann doch noch Ja zum glückliche­n Ende. Das Libretto stammt von Pietro Susini. Dieser war wohl eine Art Franzobel oder Feridun Zaimoglu seiner Zeit, so derb und ordinär geht es da immer wieder zu.

Nach der Premiere am vorigen Freitag und zwei Aufführung­en im Innenhof der Theologisc­hen Fakultät in Innsbruck übersiedel­t das dreistündi­ge Spektakel für 25. und 26. August ins Große Studio der Universitä­t Mozarteum. Dazu eine Warnung: Für die ersten Minuten und fürs Finale braucht man Ohrstöpsel, denn statt Barock gibt es Technobeat­s, die vor allem der Transe Flammiro spürbar gefallen. Oper:

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BILD: SN/FESTWOCHEN ALTER MUSIK/RUPERT LARL Szene aus „Le nozze in sogno“in Innsbruck.

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