Ein Mönch kommt nach Hause
Ein Franziskanerpater träumt vom Heiraten und komponiert eine komische Oper.
Das waren noch Zeiten, als die Mönche nicht nur nachdachten, beteten und predigten, sondern auch komponierten. Ein schönes Beispiel für solche Musikalität ist der Mönch von Salzburg, der im 14. Jahrhundert als Kontrast zu den von ihm geschaffenen geistlichen Liedern so manche Huldigung an (weltliche) Liebe und den Alkohol verfasste. Sein italienischer Betbruder Pietro Antonio Cesti (1623– 1669) war ein ähnlicher Fall: Als Franziskaner widmete er sich religiösen Werken. Dies wurde ihm offenbar irgendwann zu langweilig und er versuchte sich erfolgreich als Sänger. So etwas verträgt sich indes schwerlich mit den Ordensregeln, also entband man ihn vom Gelübde und er mutierte zum Superstar diesseits und jenseits der Bühne.
In den 1650er-Jahren lockte ihn der kunstsinnige Erzherzog Ferdinand Karl nach Innsbruck, einige Jahrhunderte später erinnerten sich die ehrwürdigen Innsbrucker Festwochen der Alten Musik an den mittlerweile fast Vergessenen und bescheren ihm seither eine kleine Renaissance. Es gibt inzwischen den Cesti-Gesangswettbewerb, mit der Opern-Wiederentdeckung „Orontea“gelang sogar die Heimkehr Pietro Antonio Cestis in den Schoß der Kirche. Das Stück wurde 2014 im Innenhof der Theologischen Fakultät unter freiem Himmel gegeben.
Heuer stand „Le nozze in sogno“(„Die Hochzeit im Traum“) ebendort auf dem Programm. Die Oper wurde 1665 in Florenz bei den Medici uraufgeführt, und erst vor Kurzem hat sich die Annahme verdichtet, dass sie von Cesti stammt.
Die Partitur ist feintemperiert, Enrico Onofri gestaltet mit dem Ensemble Innsbruck Barock (das wesentlich aus Spezialisten der Universität Mozarteum besteht) wunderbare Rezitative und abwechslungsreiche Begleitungen für ein überwiegend starkes, junges Sängerensemble. Regisseur Alessio Pizzech zeigt die herrlich verwirrende Handlung – diverse Paare, die sich erst nach zahllosen Volten kriegen – als bunte, überdrehte (Travestie-) Revue. Hauptattraktion ist Flammiro (mit abwechslungsreichem Counter-Timbre: Rodrigo Sosa dal Pozzo), der in Frauenkleidern um seine Angebetete wirbt, selbst jedoch von einem eigentlich gnadenlos heterosexuellen Schönling angegraben wird. Auch sonst herrscht reichlich Chaos, nicht nur zwischen den Geschlechtern. Außerdem versuchen zwei ältere Herren, den jeweils passenden Paaren die Paarung zu verweigern. Man träufelt ihnen ein Schlafmittel ein und im Halbschlaf bzw. Traum sagen sie dann doch noch Ja zum glücklichen Ende. Das Libretto stammt von Pietro Susini. Dieser war wohl eine Art Franzobel oder Feridun Zaimoglu seiner Zeit, so derb und ordinär geht es da immer wieder zu.
Nach der Premiere am vorigen Freitag und zwei Aufführungen im Innenhof der Theologischen Fakultät in Innsbruck übersiedelt das dreistündige Spektakel für 25. und 26. August ins Große Studio der Universität Mozarteum. Dazu eine Warnung: Für die ersten Minuten und fürs Finale braucht man Ohrstöpsel, denn statt Barock gibt es Technobeats, die vor allem der Transe Flammiro spürbar gefallen. Oper: