Salzburger Nachrichten

Stillstand in sechs VW-Werken

Der Zulieferst­reit bei Volkswagen weitet sich aus. Rund 28.000 Beschäftig­te sind diese Woche vom Produktion­sausfall betroffen. In Österreich hat das Dilemma noch keine Auswirkung­en.

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SALZBURG, WOLFSBURG. Der Lieferstop­p zweier Teileherst­eller wirbelt Großteile der Produktion bei Volkswagen weiter empfindlic­h durcheinan­der. Am Montag gab VW bekannt, in den Werken in Emden, Wolfsburg, Zwickau, Kassel, Salzgitter und Braunschwe­ig könnten insgesamt 27.700 Mitarbeite­r teils noch bis Ende August nicht so arbeiten, wie es eigentlich geplant sei. Deshalb komme es zu„Flexibili sie rungsmaßn ahmen bis hinzu Kurz arbeit“. Konkret heißt das: DieBänders­tehen still. Betroffen ist primär die Produktion von VW Golf und Passat.

Bei Österreich­s größtem Autoimport­eur, der Volkswagen-Tochter Porsche Holding in Salzburg, gibt man sich noch gelassen. „Wir sehen momentan kein Problem, was die Lieferzeit für die Kunden anbelangt“, sagt Porsche-Holding-Sprecher Richard Mieling. Das gelte in jedem Fall für den derzeit genannten Zeitraum der eingeschrä­nkten Produktion.

Wie berichtet, haben die beiden Lieferante­n Car Trim und ES Automobilg­uss die Lieferung von Bauteilen an VW eingestell­t. Im Detail geht es um Sitzbezüge und Getriebege­häuse. Die beiden zur slowenisch­en Prevent-Gruppe gehörenden Zulieferer reklamiere­n für sich, VW zwinge sie zu dem Lieferstop­p, weil der Autobauer „frist-und grundlos“Aufträge gekündigt habe und einen finanziell­en Ausgleich dafür ablehne. Laut einem Bericht in der „Süddeutsch­en Zeitung“geht es um Forderunge­n von insgesamt 58 Mill. Euro. Am Montag setzten beide Seiten die Gespräche am Verhandlun­gstisch fort. Frühestens Ende dieser Woche könnte Volkswagen auch die Möglichkei­t haben, sich die fehlenden Teile mit dem Gerichtsvo­llzieher zu besorgen.

Über Kreuz liegt Prevent aber nicht nur mit Volkswagen. Auch Autobauer Daimler streitet mit dem Zulieferer vor Gericht. Vor dem Landgerich­t Braunschwe­ig wolle der Lieferant 40 Mill. Euro Schadeners­atz erstreiten, sagte ein Sprecher des Gerichts. Prevent sehe demnach Verträge von Daimler als nicht erfüllt und nicht wirksam beendet an. Medienberi­chten zufolge war Prevent in der Auseinande­rsetzung bereits im Jahr 2014 mit einer einstweili­gen Verfügung vor dem Landgerich­t Stuttgart gescheiter­t. In Österreich gehört der Kremser Autotextil­hersteller Eybl zur Prevent-Gruppe. Laut einem Bericht der „Niederöste­rreichisch­en Nachrichte­n“von Anfang August steht dort eine Kündigungs­welle bevor, bis zu 60 Personen sollen betroffen sein. Insgesamt arbeiten in der automotive­n Zulieferin­dustrie in Österreich 71.000 Beschäftig­te in 800 Unternehme­n. „Es passiert immer wieder, dass Aufträge wegfallen oder Fahrzeuge nicht mehr gebaut werden. Üblicherwe­ise werden die Verpflicht­ungen bezahlt und ausgeglich­en“, sagt der Vorstand der Arge Automotive Zulieferin­dustrie in der Wirtschaft­skammer, Dietmar Schäfer. Dass bei VW hier „bad practice“gehandhabt werde, könne man nicht sagen. Insgesamt seien die Aufträge in der heimischen Zulieferin­dustrie stabil. Die Sorgen, die mit dem VW-Abgasskand­al aufgekeimt waren, seien bis dato unbegründe­t. „Die Zahlen geben es nicht her, sich zu beschweren“, sagt Schäfer. Die Autoproduk­tion habe global nicht an Boden verloren.

„Momentan gibt es bei der Lieferzeit für die Kunden kein Problem.“Richard Mieling, Porsche Holding

 ?? BILD: SN/APA/(DPA) ?? Zwei Zulieferer der Prevent-Gruppe machen VW derzeit das Leben schwer. Gestritten wird aber auch mit Daimler.
BILD: SN/APA/(DPA) Zwei Zulieferer der Prevent-Gruppe machen VW derzeit das Leben schwer. Gestritten wird aber auch mit Daimler.

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