Aus der Sicht eines Flüchtlings
Flüchtling werden oder durchhalten und hoffen auf bessere Zeiten? Die Entscheidung wofür ist keine einfache Sache. Nicht immer aber liegt die Entscheidung darüber in der eigenen Hand. Oftmals ist es ein Muss, und sie werden vertrieben, verjagt, mit einem Rucksack, in zehn Minuten und tschüss.
Stellen Sie sich vor, sie befinden sich in dieser ziemlich ausweglosen Situation, und sie könnten sich entscheiden. Dafür entscheiden, zu bleiben oder zu gehen, alles aufzugeben, was ihnen gut, teuer und vertraut ist, und sich in eine Fremde zu begeben, von der sie manches gehört haben, eventuell übers Internet erfahren haben.
Natürlich haben sie dazu eigene Vorstellungen, was sie erwartet in der Fremde, und natürlich würde es für sie vorteilhaft sein, annähernd zu wissen, was sie dort in der Realität erwartet. Sie haben ihre Persönlichkeit, ihr Wissen, ihre Lebenserfahrung und ihre Profession anzubieten. Sie wollen sich integrieren in das gewählte Umfeld, zumindest so lang, bis sie wieder in ihre „Heimat“, ihre bekannte Umgebung zu- rückkehren können. Sie haben die Vorstellung, dass sie unabhängig ihr neues Leben gestalten können und nicht von Almosen abhängig werden. Sie wären enttäuscht darüber, würden sie ihr Leben nicht in die eigenen Hände nehmen können. Für sie stellt sich deshalb die Frage danach, wo finde ich sie, die mich ansprechende adäquate Umgebung, das Land, die Gemeinde, in der ich meinen Arbeitsplatz, mein Auskommen finden kann. Es sollte doch die Chance dafür geben.
Es wäre für sie hilfreich, wenn es eine überregionale Börse gäbe, in der sich europaweit Regionen, Städte, Gemeinden vorstellen, mit Beschreibung ihrer Umgebung, wirtschaftlichen Möglichkeiten, sprachlichem Umfeld, religiöser und kultureller Ausrichtung sowie ihren Entwicklungszielen. Insbesondere, daraus resultierend, den Möglichkeiten, Arbeit zu finden. Es würde ihnen im Voraus erleichtert werden, zu entscheiden, wohin sie gehen können.
Sie haben auch davon gehört, dass sich in Europa Länder, Regionen überfordert finden, dass dort ständig von einer Flüchtlingskrise gesprochen wird, die sie wirtschaftlich über Gebühr belasten würde, die Politiker reden von Überfremdung und dass sie der einheimischen Bevölkerung die „fremden Flüchtlinge“nicht zumuten können und dass die Menschen dort Angst haben. Sie können das nicht verstehen, wie denn auch? In Mitteleuropa hat es seit 1945 keine gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Staaten gegeben, bei ihnen daheim gibt es unentwegt Kriege, Zerstörungen, Vergewaltigungen, und das seit vielen Jahren. Sie wollen weg, sie wollen sich und ihre Familien in Sicherheit wissen.
Ich frage Sie: Wer hat die Krise, wir oder der Flüchtling? Dipl.-Ing. Alfred Neuner 5201 Seekirchen