Matzinger will mit Bestleistung
Der Doppelsieger der Paralympics von London hat diesmal nur eine Medaillenchance über 400 Meter. Der 800-Meter-Lauf wurde unverständlicherweise aus dem Olympia-Programm gekippt.
SALZBURG. Die Paralympics 2012 in London haben das Leben von Günther Matzinger entscheidend geprägt. Seine Triumphe über 400 Meter und 800 Meter katapultierten den bis dahin nur Insidern bekannten Salzburger Leichtathleten, dem seit der Geburt der rechte Unterarm fehlt, zum Topstar des österreichischen Behindertensports. Er durfte bei der Schlussfeier in London die österreichische Fahne tragen, wurde vielfach gefeiert und ausgezeichnet, war plötzlich ein gefragter Interviewpartner und ein gern gesehener Gast bei Fernsehsendungen. Seine neu gewonnene Popularität weckten das Interesse von Sponsoren und ermöglichten ihm den Sprung ins Profilager. Zuvor hatte er als Kapitalmarkt-Analyst einer Münchner Privatbank sein Geld verdient.
Jetzt hat Matzinger die Chance, sich erneut ins Rampenlicht zu schieben. Der 29-Jährige hat sich als einziger Salzburger außer dem Rollstuhlfahrer Thomas Geierspichler auch für die am 7. September beginnenden Paralympics in Rio qualifiziert. Zwei Goldmedaillen wird er dort freilich nicht mehr gewinnen können, denn das Paralympische Komitee hat den 800-Meter-Bewerb aus dem olympischen Programm gestrichen. Und das ärgert Matzinger gehörig. „Diese Entscheidung ist schwer nachvollziehbar. Es kann doch nicht sein, dass in meiner Klasse die 400 Meter die längste Laufstrecke sind.“
Und wie beurteilt der Ausnahmesportler seine Chance, erneut Gold zu gewinnen? „Ich habe im Training meinen Belastungszyklus umgestellt und jetzt funktio- niert es wieder super. Vor allem in puncto Schnelligkeit habe ich einen Sprung nach vorn gemacht“, erzählt der Schützling des Kremser Trainers Edi Holzer. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass Matzinger heuer seine persönliche Bestleistung auf 48,28 Sekunden drücken konnte. Zum Vergleich dazu: In London genügten ihm 48,45 Sekunden zum Sieg. In Rio, so schätzt Matzinger, wird man vermutlich unter 48 Sekunden laufen müssen, um in die Medaillenränge zu kommen. Matzinger ist aber zuversichtlich, dass er am 17. September die „Schallmauer“von 48 Sekunden durchbrechen kann.
Zur Leistungssteigerung beigetragen hat eine nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen von der Firma Lambert entwickelte Karbonprothese für seinen rechten Unterarm. „Durch das etwa ein Kilogramm schwere, technisch sehr ausgereifte Hilfsmittel kann ich die fehlende Schwungmasse kompensieren.“Außerdem ermöglicht die Prothese eine natürliche Startposition. Mit dem ersten Armzug klappt sie hoch und wird in einer 90-GradPosition arretiert.
Die Frage, ob er nach den Paralympics seine Karriere beenden wird, lässt Matzinger noch offen. „Ich zerbreche mir darüber noch nicht den Kopf, sondern konzentriere mich nur auf das Rennen in Rio. Ich hoffe, dass ich die Spiele wieder so genießen kann wie in London.“
An beruflichen Perspektiven mangelt es Matzinger ja nicht. Er strotzt vor Tatendrang. „Faulenzen ist nicht meins“, sagt er. Eine Rückkehr ins Bank-Business hält er für „möglich, aber nicht wahrscheinlich“. Vielmehr tendiert er dazu, Unternehmer zu werden. Er hat eine Datenbank für Sportübungen aufgebaut. Diese Übungen will er lizenzieren lassen und an Interessenten verkaufen. Daneben betreibt er schon jetzt einen Online-Shop, in dem er ver-