Die äußerst raffinierten Schattenspiele der Frau S.
Ist das echt oder wieder ein Lügenkonstrukt, das uns wie so vieles auf der Welt hinters Licht führen soll?
Er hat ein Imageproblem. Sehen Sie das auch so? Denn dem Schatten haftet meist ja nichts Gutes an. Oft ist vom langen Schatten der Vergangenheit die Rede. Von bedrohlichen Schattengestalten. Oder einem Ereignis, das, obwohl es noch gar nicht stattfand, bereits seinen Schatten vorauswirft. Unklar bleibt, was sich auf der dunklen Seite des Mondes tut. Na ja: Und was geschieht mit jenen, die im Schatten ausharren müssen – ein Lebtag lang? Der große Bertolt Brecht reimte für seine Moritat von Mackie Messer in der Dreigroschenoper 1930: „Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht. Und man siehet die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“
Eine letzte Anmerkung noch zum Licht und zum Schatten: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.“Dieses Zitat wird Karl Kraus (1874–1936) zugeschrieben und klingt doch nach einer fatal aktuellen Zustandsbeschreibung der globalen (und innerösterreichischen?) politischen Lage.
Dem Licht und damit auch dem Schatten hat sich die 1980 in Dornbirn geborene Künstlerin Liddy Scheffknecht verschrieben. Sie lebt und arbeitet in Wien und legte 2007 ihr Diplom an der Universität für angewandte Kunst in Wien ab.
Scheffknecht schafft Wahrheiten mit doppeltem Boden. Dazu verwendet sie fotografische Sequenzen, Zeichnungen, Objekte, Videos. Sie lässt Bildserien entstehen. Das wesentliche Rohmaterial ist immer Licht. Und deshalb in logischer Weise eben auch der Schatten. In der Kunsthalle Nexus ist derzeit ein Querschnitt ihrer Arbeiten aus den letzten Jahren zu sehen. Und dennoch mutet die Ausstellung mit dem Titel „Dream Argument“wie maßgeschneidert an. Wie eine ineinandergreifende Installation, die für diesen Raum geschaffen wurde.
Die Idee zur Schau basiert auf einem Traum. Den hatte einst der altchinesische Philosoph Zhuangzi. Scheffknecht: „Er träumte, ein Schmetterling zu sein. Und als er erwachte, konnte er Traum und Realität nicht mehr auseinanderhalten.“Künstlerisch virtuos und technisch versiert, verpasst Scheffknecht statischen Szenen Leben. Petra Noll, die Kuratorin der Kunsthalle, beschreibt es so: „Sie konstruiert Sinnestäuschungen. Etwa durch Videoprojektionen auf Fotografien. Im Nexus projiziert sie künstlich geschaffene Schatten auf das historische Bild eines Skifahrerpaares. Dieser Schatten wandert. Er macht aus dem statischen Bild ein scheinbar filmisch-bewegtes.“
Scheffknechts Behelfsmittel sind unter anderem Schablonen, die sie an Fensterscheiben klebt und so Licht in Schatten verwandelt, „formt“und in einem weiteren Schritt zu Objekten werden lässt. Auch Wachskreidearbeiten sind zu finden, die kindliche Erinnerungen wecken, und bei denen „durch Herauskratzen der schwarzen Kreide etwas Neues entsteht: das Weiße, das Licht“. Ausstellung: