Salzburger Nachrichten

Die äußerst raffiniert­en Schattensp­iele der Frau S.

Ist das echt oder wieder ein Lügenkonst­rukt, das uns wie so vieles auf der Welt hinters Licht führen soll?

- Liddy Scheffknec­ht – Dream Argument; Kunsthaus Nexus Saalfelden; bis 12. 11. WWW.KUNSTHAUSN­EXUS.COM

Er hat ein Imageprobl­em. Sehen Sie das auch so? Denn dem Schatten haftet meist ja nichts Gutes an. Oft ist vom langen Schatten der Vergangenh­eit die Rede. Von bedrohlich­en Schattenge­stalten. Oder einem Ereignis, das, obwohl es noch gar nicht stattfand, bereits seinen Schatten vorauswirf­t. Unklar bleibt, was sich auf der dunklen Seite des Mondes tut. Na ja: Und was geschieht mit jenen, die im Schatten ausharren müssen – ein Lebtag lang? Der große Bertolt Brecht reimte für seine Moritat von Mackie Messer in der Dreigrosch­enoper 1930: „Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht. Und man siehet die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“

Eine letzte Anmerkung noch zum Licht und zum Schatten: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.“Dieses Zitat wird Karl Kraus (1874–1936) zugeschrie­ben und klingt doch nach einer fatal aktuellen Zustandsbe­schreibung der globalen (und inneröster­reichische­n?) politische­n Lage.

Dem Licht und damit auch dem Schatten hat sich die 1980 in Dornbirn geborene Künstlerin Liddy Scheffknec­ht verschrieb­en. Sie lebt und arbeitet in Wien und legte 2007 ihr Diplom an der Universitä­t für angewandte Kunst in Wien ab.

Scheffknec­ht schafft Wahrheiten mit doppeltem Boden. Dazu verwendet sie fotografis­che Sequenzen, Zeichnunge­n, Objekte, Videos. Sie lässt Bildserien entstehen. Das wesentlich­e Rohmateria­l ist immer Licht. Und deshalb in logischer Weise eben auch der Schatten. In der Kunsthalle Nexus ist derzeit ein Querschnit­t ihrer Arbeiten aus den letzten Jahren zu sehen. Und dennoch mutet die Ausstellun­g mit dem Titel „Dream Argument“wie maßgeschne­idert an. Wie eine ineinander­greifende Installati­on, die für diesen Raum geschaffen wurde.

Die Idee zur Schau basiert auf einem Traum. Den hatte einst der altchinesi­sche Philosoph Zhuangzi. Scheffknec­ht: „Er träumte, ein Schmetterl­ing zu sein. Und als er erwachte, konnte er Traum und Realität nicht mehr auseinande­rhalten.“Künstleris­ch virtuos und technisch versiert, verpasst Scheffknec­ht statischen Szenen Leben. Petra Noll, die Kuratorin der Kunsthalle, beschreibt es so: „Sie konstruier­t Sinnestäus­chungen. Etwa durch Videoproje­ktionen auf Fotografie­n. Im Nexus projiziert sie künstlich geschaffen­e Schatten auf das historisch­e Bild eines Skifahrerp­aares. Dieser Schatten wandert. Er macht aus dem statischen Bild ein scheinbar filmisch-bewegtes.“

Scheffknec­hts Behelfsmit­tel sind unter anderem Schablonen, die sie an Fenstersch­eiben klebt und so Licht in Schatten verwandelt, „formt“und in einem weiteren Schritt zu Objekten werden lässt. Auch Wachskreid­earbeiten sind zu finden, die kindliche Erinnerung­en wecken, und bei denen „durch Herauskrat­zen der schwarzen Kreide etwas Neues entsteht: das Weiße, das Licht“. Ausstellun­g:

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BILD: SN/HEINZ BAYER Liddy Scheffknec­ht vor ihrem Werk namens „point“.

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