Salzburger Nachrichten

Verdächtig­e Ruhe im Beamtensta­at Österreich

Der öffentlich­e Dienst ist kein großes politische­s Diskussion­sthema mehr. Warum ist das so?

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SALZBURG.COM

Das Aufsehener­regende am offensicht­lich bevorstehe­nden Wechsel an der Spitze der Beamtengew­erkschaft ist, dass er so wenig Aufsehen erregt. Viele Jahre stand Fritz Neugebauer im Zentrum der politische­n Auseinande­rsetzung. Er polarisier­te das Land, die Meldung über seinen Abgang wäre eine Sensation gewesen. Das ist jetzt nicht der Fall, denn Neugebauer ist kein Dauergast in den Schlagzeil­en mehr. Und der öffentlich­e Dienst ist es auch nicht.

Woran liegt es eigentlich, dass die einst so heftig geführte Debatte über die Beamten verstummt ist? Zwei Antworten sind möglich.

Erstens: Alle Probleme sind gelöst, für Reformdisk­ussionen gibt es keinen Anlass mehr. – Da ist teilweise etwas dran. Die Pensionsha­rmonisieru­ng, die letztlich mit Zustimmung Neugebauer­s durchgefüh­rt wurde, hat den einstigen Neiddebatt­en viel von ihrer Schärfe genommen. Beamte gehen heute im Schnitt später in Pension als der Rest der Österreich­er.

Auch die Debatte über die Pragmatisi­erung ist durch den vermehrten Einsatz von Vertragsbe­diensteten verebbt. Ebenso ist die Klage, dass die Beamten-Massen den Steuerzahl­ern die Haare vom Kopf fressen, verstummt. Heute wird eher darüber gejammert, dass Beamte fehlen. Man denke nur an die Landesvert­eidigung und die Bewältigun­g der Migrantens­tröme. Und schließlic­h hat sich auch die Erkenntnis durchgeset­zt, dass für die unerträgli­che Bürokratie, die das Land lähmt, nicht der einzelne Beamte verantwort­lich ist, der nur die Gesetze vollzieht, sondern dass die Schuld beim Gesetzgebe­r ist.

Das war also Antwort eins: Alles in Butter im Beamtensta­ate. Aber ist es das wirklich? Das führt zu Antwort zwei: Dass die Beamten kein großes öffentlich­es Thema mehr sind, könnte auch daran liegen, dass der entspreche­nde Reformdran­g der Regierung seit dem Wiedererst­ehen der Großen Koalition vor zehn Jahren mehr oder weniger zum Erliegen gekommen ist. Reformansä­tze gibt es keine mehr oder sie wurden aus politische­r Bequemlich­keit beiseitege­legt, etwa der zuvor heiß umstritten­e Plan, die Lehrerarbe­itszeit neu zu regeln.

Vor allem in den Bundesländ­ern gäbe es noch viel zu tun. Während der Bund unter dem Spardruck der vergangene­n Jahrzehnte energische Schritte im öffentlich­en Dienst gesetzt hat, ist so mancher Landesdien­st von den Reformen unberührt geblieben.

So gesehen muss man dem nächsten Chef der Gewerkscha­ft Öffentlich­er Dienst weniger ruhige Jahre wünschen, als sie Fritz Neugebauer zuletzt hatte.

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BILD: SN/FOTOLIA Seite 3

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