Verdächtige Ruhe im Beamtenstaat Österreich
Der öffentliche Dienst ist kein großes politisches Diskussionsthema mehr. Warum ist das so?
Das Aufsehenerregende am offensichtlich bevorstehenden Wechsel an der Spitze der Beamtengewerkschaft ist, dass er so wenig Aufsehen erregt. Viele Jahre stand Fritz Neugebauer im Zentrum der politischen Auseinandersetzung. Er polarisierte das Land, die Meldung über seinen Abgang wäre eine Sensation gewesen. Das ist jetzt nicht der Fall, denn Neugebauer ist kein Dauergast in den Schlagzeilen mehr. Und der öffentliche Dienst ist es auch nicht.
Woran liegt es eigentlich, dass die einst so heftig geführte Debatte über die Beamten verstummt ist? Zwei Antworten sind möglich.
Erstens: Alle Probleme sind gelöst, für Reformdiskussionen gibt es keinen Anlass mehr. – Da ist teilweise etwas dran. Die Pensionsharmonisierung, die letztlich mit Zustimmung Neugebauers durchgeführt wurde, hat den einstigen Neiddebatten viel von ihrer Schärfe genommen. Beamte gehen heute im Schnitt später in Pension als der Rest der Österreicher.
Auch die Debatte über die Pragmatisierung ist durch den vermehrten Einsatz von Vertragsbediensteten verebbt. Ebenso ist die Klage, dass die Beamten-Massen den Steuerzahlern die Haare vom Kopf fressen, verstummt. Heute wird eher darüber gejammert, dass Beamte fehlen. Man denke nur an die Landesverteidigung und die Bewältigung der Migrantenströme. Und schließlich hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass für die unerträgliche Bürokratie, die das Land lähmt, nicht der einzelne Beamte verantwortlich ist, der nur die Gesetze vollzieht, sondern dass die Schuld beim Gesetzgeber ist.
Das war also Antwort eins: Alles in Butter im Beamtenstaate. Aber ist es das wirklich? Das führt zu Antwort zwei: Dass die Beamten kein großes öffentliches Thema mehr sind, könnte auch daran liegen, dass der entsprechende Reformdrang der Regierung seit dem Wiedererstehen der Großen Koalition vor zehn Jahren mehr oder weniger zum Erliegen gekommen ist. Reformansätze gibt es keine mehr oder sie wurden aus politischer Bequemlichkeit beiseitegelegt, etwa der zuvor heiß umstrittene Plan, die Lehrerarbeitszeit neu zu regeln.
Vor allem in den Bundesländern gäbe es noch viel zu tun. Während der Bund unter dem Spardruck der vergangenen Jahrzehnte energische Schritte im öffentlichen Dienst gesetzt hat, ist so mancher Landesdienst von den Reformen unberührt geblieben.
So gesehen muss man dem nächsten Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst weniger ruhige Jahre wünschen, als sie Fritz Neugebauer zuletzt hatte.