Die Mafia lässt sich feiern
Mit dem Prozess gegen eine Schutzgeld-Bande gelang den Behörden ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität. Doch die Schwerverbrecher haben auch Fans und Nachahmer.
WIEN. Auf der Anklagebank im Saal 203 des Wiener Straflandesgerichts wird es eng. Sieben Mitglieder der sogenannten Stromschlag-Bande müssen sich derzeit vor Gericht verantworten – umringt von einem Dutzend Justizwachebeamter. Schließlich ist die Bande bekannt für ihr brutales Vorgehen. Es geht um Erpressung, Schutzgeld, Körperverletzung und Drogengeschäfte. Und das im großen Stil.
Die Bande rund um einen Bosnier mit dem Szenenamen Edo soll vor allem Lokale im 15. und 16. Wiener Gemeindebezirk erpresst haben. Wenn nicht gezahlt wurde, verprügelten Bandenmitglieder Gäste. Am Mittwoch startete der Prozess in Wien, wegen der Anzahl der Delikte wird ein Urteil erst in einigen Wochen erwartet.
Es ist eine von drei Mafia-Banden, die in den vergangenen Jahren von der Polizei in Wien zerschlagen wurden. Doch gefeiert werden ihre Mitglieder noch immer wie Popstars. Vor allem in sozialen Netzwerken benennen sich Burschen aus Tschetschenien, Bosnien, Österreich oder Afghanistan nach ihren „Idolen“. Massiv trat dieses Phänomen zuletzt bei der sogenannten Goldenberg-Bande auf. Die Bande bestand aus bis zu hundert meist noch jugendlichen Mitgliedern. Sie begingen, mehr oder weniger straff organisiert, Dutzende Überfälle und Körperverletzungen. Der Chef, Magomed M., ist als bekannter Kampfsportler unter Jugendlichen nach wie vor beliebt. Immer noch geben sich viele in sozialen Netzwerken den Namen „Goldenberg“.
Die Polizei weiß, dass die Zerschlagung einer Bande nur ein kleiner Schritt im Kampf gegen die organisierte Kriminalität ist.
„Andere Gruppen übernehmen die Strategien der Banden“, erklärt Andreas Holzer, Leiter der Abteilung zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Bundeskriminalamt. Die Nachfolgerbanden ziehen erfahrene Kriminelle zurate. „Die Hintermänner sind meistens schon älter und haben eine kriminelle Vergangenheit, junge Burschen sind meistens die Handlanger.“Wer ins Gefängnis wandert, wird in diesen Kreisen oft noch berühmter. Durch die Popularität wird der Druck auf die Zeugen in solchen Prozessen größer. Auch im aktuellen Prozess gegen die „StromschlagBande“fürchten Zeugen um ihr Leben. „Bis wir jemanden gefunden haben, der redet, ist viel Zeit vergangen“, sagt Holzer.
Sorge bereitet den Ermittlern, dass sich die Banden immer besser vernetzen und schwer bewaffnet sind. Teilweise gehören Männer mit Kampferfahrung aus Bosnien, Afghanistan oder Tschetschenien den Banden an.
„Andere Gruppen übernehmen die Strategien der Banden.“