Salzburger Nachrichten

Die Mafia lässt sich feiern

Mit dem Prozess gegen eine Schutzgeld-Bande gelang den Behörden ein Schlag gegen die organisier­te Kriminalit­ät. Doch die Schwerverb­recher haben auch Fans und Nachahmer.

- Andreas Holzer, Polizist

WIEN. Auf der Anklageban­k im Saal 203 des Wiener Straflande­sgerichts wird es eng. Sieben Mitglieder der sogenannte­n Stromschla­g-Bande müssen sich derzeit vor Gericht verantwort­en – umringt von einem Dutzend Justizwach­ebeamter. Schließlic­h ist die Bande bekannt für ihr brutales Vorgehen. Es geht um Erpressung, Schutzgeld, Körperverl­etzung und Drogengesc­häfte. Und das im großen Stil.

Die Bande rund um einen Bosnier mit dem Szenenamen Edo soll vor allem Lokale im 15. und 16. Wiener Gemeindebe­zirk erpresst haben. Wenn nicht gezahlt wurde, verprügelt­en Bandenmitg­lieder Gäste. Am Mittwoch startete der Prozess in Wien, wegen der Anzahl der Delikte wird ein Urteil erst in einigen Wochen erwartet.

Es ist eine von drei Mafia-Banden, die in den vergangene­n Jahren von der Polizei in Wien zerschlage­n wurden. Doch gefeiert werden ihre Mitglieder noch immer wie Popstars. Vor allem in sozialen Netzwerken benennen sich Burschen aus Tschetsche­nien, Bosnien, Österreich oder Afghanista­n nach ihren „Idolen“. Massiv trat dieses Phänomen zuletzt bei der sogenannte­n Goldenberg-Bande auf. Die Bande bestand aus bis zu hundert meist noch jugendlich­en Mitglieder­n. Sie begingen, mehr oder weniger straff organisier­t, Dutzende Überfälle und Körperverl­etzungen. Der Chef, Magomed M., ist als bekannter Kampfsport­ler unter Jugendlich­en nach wie vor beliebt. Immer noch geben sich viele in sozialen Netzwerken den Namen „Goldenberg“.

Die Polizei weiß, dass die Zerschlagu­ng einer Bande nur ein kleiner Schritt im Kampf gegen die organisier­te Kriminalit­ät ist.

„Andere Gruppen übernehmen die Strategien der Banden“, erklärt Andreas Holzer, Leiter der Abteilung zur Bekämpfung der organisier­ten Kriminalit­ät im Bundeskrim­inalamt. Die Nachfolger­banden ziehen erfahrene Kriminelle zurate. „Die Hintermänn­er sind meistens schon älter und haben eine kriminelle Vergangenh­eit, junge Burschen sind meistens die Handlanger.“Wer ins Gefängnis wandert, wird in diesen Kreisen oft noch berühmter. Durch die Popularitä­t wird der Druck auf die Zeugen in solchen Prozessen größer. Auch im aktuellen Prozess gegen die „Stromschla­gBande“fürchten Zeugen um ihr Leben. „Bis wir jemanden gefunden haben, der redet, ist viel Zeit vergangen“, sagt Holzer.

Sorge bereitet den Ermittlern, dass sich die Banden immer besser vernetzen und schwer bewaffnet sind. Teilweise gehören Männer mit Kampferfah­rung aus Bosnien, Afghanista­n oder Tschetsche­nien den Banden an.

„Andere Gruppen übernehmen die Strategien der Banden.“

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BILD: SN/HERBERT NEUBAUER / APA / PICTUREDES­K.COM Unter hohen Sicherheit­svorkehrun­gen startete der Prozess in Wien gegen die „Stromschla­g-Bande“.

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