Salzburger Nachrichten

Die Jungen als Opfer der Krise

Die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g drängt die Länder, mehr in die Aus- und Weiterbild­ung junger Menschen zu investiere­n. Sonst drohe die Spaltung der Gesellscha­ft.

- Stefano Scarpetta, OECD-Experte wie

Alle zwei Jahre werfen Experten der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) einen Blick auf die soziale Lage in 35 Mitglieds- und acht weiteren Ländern. Beim aktuellen Bericht (Society at a Glance 2016) galt das Augenmerk den 15bis 29-Jährigen. „Für junge Menschen mit niedriger Qualifikat­ion wird es immer schwierige­r, einen Job, geschweige denn einen dauerhafte­n Arbeitspla­tz zu finden“, sagt Stefano Scarpetta, Leiter des Bereiches Beschäftig­ung, Arbeit und Soziale Angelegenh­eiten in der OECD.

Ohne zusätzlich­e Anstrengun­gen für bessere Möglichkei­ten in der Aus- und Weiterbild­ung bestehe ein „großes Risiko einer wachsenden Spaltung der Gesellscha­ft“.

In den OECD-Ländern haben 40 Millionen junge Menschen weder einen Job noch befinden sie sich in Aus- oder Weiterbild­ung. Das entspreche 15 Prozent aller Personen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren. Zwei Drittel der genannten Gruppe bemühen sich aktuell nicht einmal mehr um einen Arbeitspla­tz.

Rund 40 Prozent aller Jugendlich­en machten über einen Zeitraum von vier Jahren die Erfahrung von Arbeitslos­igkeit oder sonstiger Inaktivitä­t. Allerdings dauere dieser Zustand bei der Hälfte ein Jahr oder länger an. Das führe zu Entmutigun­g und berge die Gefahr, aus der Gesellscha­ft ausgeschlo­ssen zu sein, schreiben die OECD-Experten.

Dass die Wirtschaft­skrise tiefe Spuren auf dem Arbeitsmar­kt hinterlass­en hat, wird bei den Jungen besonders deutlich. Einer von zehn Arbeitsplä­tzen von Personen unter 30 Jahren fiel der Krise zum Opfer. In Spanien, Griechenla­nd und Irland hat sich die Zahl der Jungen in Beschäftig­ung zwischen 2007 und 2014 halbiert. Seit 2010 stagniert die Zahl der Jungen, die erwerbstät­ig sind, und liegt unter den Niveaus vor der Krise. Das bringe neben den persönlich­en Schicksale­n auch hohe volkswirts­chaftliche Kosten mit sich, die laut Schätzunge­n der Ökonomen der OECD in einer Bandbreite von 360 bis 605 Mrd. Dollar (322 bis 541 Mrd. Euro) liegen. Das sind 0,9 bis 1,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung im gesamten OECD-Raum.

Dass 30 Prozent aller Personen ohne Job oder Ausbildung Jugendlich­e sind, die die Schule mit 16 Jahren verlassen haben, zeige, wo die Regierunge­n ansetzen sollen. Sie müssten dafür sorgen, dass Jugendlich zumindest die mittlere Reife erlangen, um ihre Schulkarri­ere fortsetzen oder eine Berufsausb­ildung absolviere­n zu können. Dabei gebe es zwar Fortschrit­te, dennoch habe noch immer jeder Sechste aller 25bis 34-Jährigen in den Ländern der OECD seine Schulausbi­ldung vor der mittleren Reife verlassen.

Ein Schlüssel zur Linderung des Problems sei neben mehr Angebot zur berufliche­n Weiterbild­ung die engere Kooperatio­n mit Betrieben in der Lehre. Dabei sollten Länder Unternehme­n auch finanziell­e Anreize setzen, damit diese mehr Lehrstelle­n anbieten, insbesonde­re für benachteil­igte Jugendlich­e.

Frauen haben laut Bericht ein 1,5 Mal höheres Risiko als Männer, in die Gruppe der Inaktiven oder Arbeitslos­en zu fallen. In manchen Ländern seien die hohen Kosten für die Kinderbetr­euung eine große Hürde. Auch ausländisc­he Jugendlich­e haben es schwerer, in Deutschlan­d, Österreich, den Niederland­en und Norwegen ist ihr Arbeitsmar­ktrisiko 2,25 Mal höher als das der im Land geborenen Gleichaltr­igen.

„Gering qualifizie­rte Junge finden immer schwerer einen dauerhafte­n Job.“

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