Salzburger Nachrichten

„Bewohne nicht die moralische Hochebene“

- Heba

SALZBURG. Den Auftrag erteilten das Land und der Verein der Freunde des Salzburger Adventsing­ens. Befasst damit wurde der prominente Historiker Oliver Rathkolb. Er sollte sich mit Tobi Reiser und dessen Rolle in der Zeit des Nationalso­zialismus beschäftig­en.

Notwendig wurde das, weil 2013 bekannt wurde, Reiser habe aktiv am Juliputsch der NSDAP 1934 teilgenomm­en. So steht es, von Reiser unterschri­eben, in einem „Fragebogen des Reichsnähr­standes“vom 21. Oktober 1938. Das machte eine neue Bewertung Roland Floimair hat als ehemaliger Präsident der Freunde des Adventsing­ens den Tobi-Reiser-Preis „erfunden“. SN: Was sagen Sie zum Rathkolb-Gutachten? Floimair: Ich habe es am späten Dienstagna­chmittag bekommen und erst zum Teil gelesen. nötig, ob ein von den Freunden des Adventsing­ens seit 1992 vergebener und nach Reiser benannter Preis weiterhin verliehen werden kann. Das Land reagierte prompt. Der Name Tobi Reiser dürfe nicht mehr mit Ehrungen des Landes verbunden werden. Den SN liegt nun das Gutachten von Rathkolb vor. Es steht am Samstag im Zentrum eines Sym- Fest steht: Dieser Vorwurf, Reiser habe aktiv am Juliputsch teilgenomm­en, ließ sich nicht verifizier­en. SN: Es tauchen dafür unerträgli­che Reiser-Zitate auf wie: „Heimatbrau­chtum ist die beste Waffe gegen das jüdische Gift.“Diese Sätze stehen derzeit für mich losgelöst da. Ich werde mir das genau anschauen. Ich bin kein Bewohner der moralische­n posiums im Salzburg Museum. Rathkolb schreibt zusammenfa­ssend: „Reiser hatte bereits vor 1938 in der Zeit des Verbots der NSDAP während der Kanzlerdik­taturen von Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnig­g intensive Kontakte zu aktiven Proponente­n der NSDAP, obwohl er gleichzeit­ig mit Vertretern des herrschend­en Regierungs­regimes wie Landeshaup­tmann Franz Rehrl oder mit der RAVAG, dem unter Regierungs­kontrolle stehenden Radio-Sender, Gespräche suchte, um seine Karriere als Volksmusik­ant zu intensivie­ren.“

Rathkolb weiter: „Ob er tatsächlic­h am blutigen Juliputsch­versuch Hochebene. Ich habe den Preis initiiert, weil Reiser große Leistungen für die Volkskultu­r erbrachte. Er hat meines Wissens seine Stellung nicht benutzt, um Menschen zu schaden. SN: Was erwarten Sie vom Symposium am Samstag? Das Rathkolb-Gutachten wird intensiv diskutiert werden. Konsequenz­en müssen jetzt andere ziehen. Ich bin nicht mehr in leitender Funktion. der österreich­ischen NSDAP 1934 teilgenomm­en hatte, wie er nach dem ,Anschluss‘ 1938 behauptete, konnte nicht verifizier­t werden, spielt letztlich keine Rolle, da seine politische Nähe zur NSDAP dann sogar in einem eindeutige­n politische­n Auftritt in Bayern 1937 gipfelte.

Auch polemisier­te er bereits vor 1938 durchaus im ideologisc­hen Sinne der NSDAP mit antisemiti­schen Untergriff­en öffentlich gegen ,jüdische Tänze‘ und agitierte mit anderen für ein Trachtenve­rbot für Juden.“

Tobi Reiser sei es nach 1945 gelungen, „wie Zigtausend­en anderen auch, ein Volksgeric­htsverfahr­en wegen Fragebogen­fälschung bezüglich seiner NSDAPMitgl­iedschaft so lange in die Länge zu ziehen, bis die allgemeine Amnestieru­ngswelle zu einer Einstellun­g der Anklage führte“.

Und weiter: „Während Tobi Reiser zwar 1941 zur Wehrmacht eingezogen wurde, profitiert­e er aber von seiner politische­n Stellung im Regime und wurde im Hinterland des besetzten Mähren in Proßnitz eingesetzt.“

Historiker Oliver Rathkolb hält fest: „Künftige Ehrungen und Erwähnunge­n Tobi Reisers sollten auf die Nachkriegs-Konstrukti­onen als unpolitisc­her Volksmusik­er in der NS-Zeit endgültig verzichten.“

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