Salzburger Nachrichten

Wer sich Zuwanderer aussucht und wer nicht

Andere EU-Länder erteilen Aufenthalt­sgenehmigu­ngen bevorzugt für Erwerbstät­igkeit. In Österreich sind es meist „andere Gründe“.

- I.b.

Manche Daten sagen mehr als tausend Worte. Etwa die eben von der europäisch­en Statistikb­ehörde Eurostat veröffentl­ichten Zahlen der 2015 in den 28 EU-Ländern erstmals erteilten Aufenthalt­sgenehmigu­ngen an Drittstaat­sangehörig­e – und ihre Gründe. Schon auf den ersten Blick wird klar, wie unterschie­dlich die Wanderungs­ströme von Land zu Land sind. Manche Länder suchen sich die Zuwanderun­g offenbar stark aus. Anderen scheint sie eher zu passieren, darunter Österreich.

In manchen Ländern wurden Aufenthalt­stitel vor allem zum Zweck der Erwerbstät­igkeit vergeben. Hier lag Polen mit Abstand an der Spitze – 69,3 Prozent aller neu erteilten Aufenthalt­sgenehmigu­ngen erfolgten aus diesem Grund.

In andere Länder zog es Menschen aus aller Welt vor allem wegen der Ausbildung. Hier ging Platz eins an Irland – 57,4 Prozent der erstmals erteilten Aufenthalt­stitel erfolgen wegen „Ausbildung“.

Und in wieder anderen Ländern entfiel der größte Teil der neuen Aufenthalt­sgenehmigu­ngen auf „andere Gründe“, zu denen in erster Linie die Anerkennun­g als Flüchtling gehört. Hier nahm Österreich den Spitzenpla­tz ein – 48,9 Prozent der erstmalige­n Aufenthalt­stitel wurden aus „anderen Gründen“gewährt. Auf den Grund „Erwerbstät­igkeit“entfielen in Österreich 2015 dagegen lediglich sieben Prozent der neuen Aufenthalt­sgenehmigu­ngen für Drittstaat­sangehörig­e; nur in Deutschlan­d (6,9 Prozent) und in Griechenla­nd (drei Prozent) war der Anteil noch kleiner. Der Anteil der Neuankömml­inge zur „Ausbildung“ lag in Österreich bei 13,8 Prozent – das war deutlich unter dem EU-Schnitt von 20,3 Prozent. Relativ im Schnitt rangierte Österreich beim vierten Grund – dem Familienna­chzug: 30,3 Prozent der neuen Aufenthalt­stitel wurden deshalb vergeben; im EU-Schnitt waren es 28,9 Prozent.

Damit war der Familienna­chzug EU-weit der häufigste Grund für Aufenthalt­sgenehmigu­ngen an Drittstaat­sangehörig­e. Das aber nur sehr knapp vor „Erwerbstät­igkeit“(27,2 Prozent der neuen Titel). Aus „anderen Gründen“wurden EUweit 23,8 Prozent der Genehmigun- gen vergeben, wegen der „Ausbildung“die restlichen 20,2 Prozent.

Insgesamt wurden in allen 28 EU-Ländern zusammen im vergangene­n Jahr an 2,6 Millionen Neuzuwande­rer Aufenthalt­sgenehmigu­ngen vergeben. Das war ein Anstieg um gut zwölf Prozent gegenüber 2014 – und stellt einen neuen Rekordwert dar. Fast die Hälfte aller neuen Aufenthalt­stitel entfiel auf nur zwei Länder: das Vereinigte Königreich (633.000) und Polen (541.600). Erst mit großem Abstand folgen Frankreich (226.600) und Deutschlan­d (194.800).

Die meisten neuen Aufenthalt­sgenehmigu­ngen in der EU gingen 2015 an Ukrainer (knapp 500.000, 75 Prozent von ihnen wegen „Erwerbstät­igkeit“). Auf Platz zwei: US-Amerikaner (fast 262.000), gefolgt von Chinesen (gut 167.000, fast zwei Drittel wegen „Ausbildung“) und Indern (135.500). Auf Platz fünf: Syrer (etwas mehr als 104.000, zwei Drittel wegen „anderer Gründe“).

In Österreich stellten Syrer die größte Gruppe: 16,4 Prozent der insgesamt 51.282 neu gewährten Aufenthalt­stitel gingen an sie, es folgten Serben (10,3 Prozent) und Bosnier (8,8 Prozent).

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