Der Bildhauer, der Pinsel hieß Winterpalais, Museum mit Ablaufdatum
Man weiß fast gar nichts vom Schöpfer dramatischer Skulpturen, der rund ein Jahrzehnt lang im Raum Lemberg wirkte.
WIEN. Wer war der Mann, von dem man vor wenigen Jahren überhaupt erst die Vornamen herausfand? Dokumentiert ist nur, dass dieser Johann Georg Pinsel um 1751 in Lemberg eine Witwe heiratete. Nachdem Frau Pinsel um 1762 erneut eine Ehe einging, nimmt man an, war sie wiederum Witwe. Das Todesdatum des Bildhauers ist ebenso wenig bekannt wie die Herkunft, die man im süddeutschen Raum annimmt. In den rund zehn Jahren seines Wirkens zwischen 1750 und 1760 wurde Pinsel, den es in das damals ungeteilte Königreich Polen verschlug und der im Raum Lemberg Skulpturen aus Holz und Stein schuf, zu einem einzigartigen Künstler. Nun kann man seinen versammelten Statuen direkt ins Gesicht sehen und staunen über die expressive Formensprache Pinsels, die in ausdrucksstarken Gesichtern und auch den flatternden Kleidungsstücken einen eigenen Stil eroberte. Hierzulande wurden die Kirchen zur gleichen Zeit ausgestattet mit Heiligen, die meist sanft und entrückt ihren Gottesdienst ausübten, von Märtyrern abgesehen. Aber Johann Georg Pinsel schnitzte den Schmerz, die Kampfeslust, die Kraft des Löwenbezwingers Samson, die Tränen der Muttergottes in die Gesichter und in die Körperhaltung mit einer gewissen Rohheit, und wenn Abraham zum tödlichen Schlag ausholt, um seinen Sohn Isaak zu opfern, kann einem bange werden. 21 Objekte sind nun im Winterpalais des Prinzen Eugen zu sehen, sie stammen aus Lemberg, das heute in der Westukraine liegt, was den Leihverkehr nicht vereinfachte. Dort ist Pinsel mittlerweile ein anerkannter Star der Kunstgeschichte des Landes, obwohl in Zeiten sowjetischer Herrschaft noch vieles vernichtet wurde. So entdeckte der Direktor der Nationalgalerie in Lemberg eine hl. Anna, die Pinsel für die römisch-katholische Pfarrkirche in Monasterzyska geschnitzt hatte, auf dem örtlichen Friedhof, bis zur Hälfte eingegraben auf einem frischen Grab. Was für eine expressive Statue, deren Wirkung das heute sichtbare Holz steigert, denn ehemals war sie weiß gefasst. Die meisten der Figuren sind reich vergoldet, bei anderen sieht man Reste von weißer Farbe. Aber auch aus purem Holz überwältigt einen ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln im ersten Raum geradezu. Selbst ein kleines Relief von Pinsel wirkt theatralisch. Im Belvedere suchte man nach „verwandten“Künstlern und fand sie in Franz Anton Maulbertsch oder Paul Troger, deren Gemälde den „Skulpturenpark“ergänzen.
Apropos Winterpalais: Man weiß ja, dass sich der Finanzminister das Prachtgebäude wieder in sein „Reich“einverleiben will. Wer noch nicht da war: hingehen. Agnes Husslein hat die Ausstellungen für 2017 fixiert. Als Nächstes kommt die Mode-Ausstellung „The Vulgar“aus London, danach eine Schau über den polnischen König Sobieski. Nicht realisiert wird hingegen eine Ausstellung zu Damien Hirst. „Auch die war geplant, es gibt aber keinen schriftlichen Vertrag dazu“, schildert Agnes Husslein, die am 16. Jänner ihr Amt abgibt.