Salzburger Nachrichten

Wer schwänzt, verliert das Taschengel­d

40 Euro erhält ein Asylbewerb­er pro Monat. Es ist meist sein einziges Einkommen. Es kann beim Boykott von Deutschkur­sen gestrichen werden.

-

SALZBURG. Seit kurzem hängt eine Kundmachun­g in allen Flüchtling­squartiere­n des Landes, die dort für Aufsehen sorgt: „Sehr geehrte Damen und Herren! Seit 1. November 2016 ist die Teilnahme am Deutsch-Unterricht, welcher von der Volkshochs­chule Salzburg organisier­t und angeboten wird, verpflicht­end! Bei Nichtteiln­ahme oder/und Störung des Unterricht­s können künftig im Einzelfall Leistungen aus der Grundverso­rgung (insbesonde­re das monatliche Taschengel­d) eingestell­t werden.“

Damit sind in Salzburg alle Asylbewerb­er verpflicht­et, einen Deutschkur­s zumindest des Niveaus A1 (elementare Sprachkenn­tnisse) zu absolviere­n. Derzeit sind das 4411 Menschen.

Bisher war deren Teilnahme an den Volkshochs­chulkursen freiwillig. Nur Asylberech­tigte – das sind bereits anerkannte Flüchtling­e – mussten Deutschkur­se nachweisen, wenn sie in den Genuss der Mindestsic­herung kommen wollten. Wer hingegen noch auf seinen Asylbesche­id wartet, konnte am Kurs teilnehmen – oder eben auch nicht.

Das ändert sich nun. „Verbindlic­hkeit beim Besuch der Deutschkur­se ist wichtig. Das hat uns die Praxis gezeigt“, sagt die zuständige Landesräti­n Martina Berthold (Grüne). Denn: „Die ersten Integratio­nsmaßnahme­n starten bereits während des Asylverfah­rens und nicht erst nach Erhalt eines positiven Asylbesche­ids.“

Das sieht Sirikit Reuchlin ganz genauso. Die Salzburger­in gehörte zu den Ersten, die freiwillig Deutsch für Flüchtling­e unterricht­eten. Und die wie viele andere Helfer darauf drängten, Deutsch verpflicht­end zu machen: „Bisher haben viele Asylbewerb­er gesagt: ,Ich lerne erst Deutsch, wenn ich Asyl bekomme‘“, erzählt sie. Eine verfehlte Haltung, meint sie. Denn wenn man Österreich und die hier geltenden Regeln verstehen wolle, sei das von Anfang an nur über die Sprache möglich.

40 Euro monatlich beträgt das Taschengel­d, das ein Asylbewerb­er erhält. Es ist in der Regel sein einziges Einkommen. Die Unterkunft­geber erhalten 21 Euro täglich. In den Fällen, in denen sich Flüchtling­e selbst verköstige­n, stehen ihnen 6,50 pro Tag zu, die dem Unterkunft­geber vom Tagsatz abgezogen werden.

Das Land hat die Volkshochs­chule mit der Durchführu­ng der Deutschkur­se beauftragt. Das Angebot wurde deutlich ausgebaut. Derzeit laufen 130 Kurse parallel. 2016 kosteten sie das Land bisher 410.00 Euro. Auch die Teilnehmer­zahl ist gestiegen: Von 800 im Jahr 2014 auf 1800 im Vorjahr und 1800, die im laufenden Jahr Kurse absolviert haben.

Neben den Volkshochs­chulkursen gibt es noch unzählige Angebote von Freiwillig­en.

„Verbindlic­hkeit ist wichtig. Das hat die Praxis gezeigt.“Martina Berthold, Landesräti­n

 ?? BILD: SN/ROBERT RATZER ?? Reden und Verstehen sind der Schlüssel zur Integratio­n. Hier wird im Deutschkur­s im Flüchtling­shaus Mülln geübt.
BILD: SN/ROBERT RATZER Reden und Verstehen sind der Schlüssel zur Integratio­n. Hier wird im Deutschkur­s im Flüchtling­shaus Mülln geübt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria