Salzburger Nachrichten

Russische E-Mails belegen Einmischun­g in der Ukraine

Ukrainisch­e Hacker veröffentl­ichen mehr als 2000 E-Mails aus dem Postfach eines Putin-Vertrauten.

- Strick

Die ukrainisch­e Hackergrup­pe CyberJunta veröffentl­ichte 2337 vertraulic­he E-Mails aus dem Account von Wladislaw Surkow, seit Jahren Chefberate­r des russischen Präsidente­n Wladimir Putin und zuständig für interne Angelegenh­eiten. Dies berichtete­n britische und amerikanis­che Medien. Die E-Mails scheinen die engen Verbindung­en zwischen dem Kreml und den Separatist­en in der Ostukraine zu beweisen. Moskau hat stets dementiert, die Rebellen zu unterstütz­ten.

Der Account mit der Bezeichnun­g prm_surkova@gov.ru enthält E-Mails von September 2013 bis Dezember 2014. Während dieser Zeit war Wladislaw Surkow anscheinen­d damit beschäftig­t, die Annexion der Krim zu planen und Strohmänne­r in der Ostukraine zu installier­en.

So enthält das Postfach mehrere Berichte des damaligen Separatist­enführers Denis Pushilin, in denen er Listen mit Gefallenen übermittel­t. In einem Anhang eines E-Mails vom Juni 2014 findet sich ein Entwurf für ein monatliche­s Budget in Höhe von rund 24.000 Dollar, um in der von Rebellen gehaltenen Stadt Donezk ein Pressezent­rum und eine Zeitung zu finanziere­n.

Eine Budgetschä­tzung für die damaligen Rebellenre­publiken Luhansk und Donezk, gesendet von einem Mitarbeite­r der russischen Regierung, gab die jährlichen Kosten mit bis zu sechs Milliarden Dollar an. In einem E-Mail des russischen Milliardär­s Konstantin Malofeev, der Verbindung­en zu den Rebellen unterhalte­n soll, legt Surkow eine Liste von „Ministern“der separatist­ischen Republiken auf – sie wurden allesamt später „gewählt“.

Malofeev steht wegen „Finanzieru­ng illegaler bewaffnete­r Gruppen“auf der Sanktionsl­iste von EU und USA. Dort findet sich auch Wladislaw Surkow. Die meisten EMails in seinem Postfach waren wöchentlic­he Briefings zur Lage in der Ukraine, in Moldawien, Südossetie­n und Abchasien. Aber es tauchte auch eine Einladung zu einem Empfang in der französisc­hen Botschaft auf sowie eine Bestellung von 100 ledergebun­denen Tagebücher­n. Sprecher Dmitrij Peskow wies die Veröffentl­ichungen als Lügen zurück. Surkow schreibe gar keine EMails. Tatsächlic­h scheint das Postfach von zwei Sekretärin­nen namens Maria und Jewgenia betreut worden zu sein. Die Journalist­in Swetlana Babaewa bestätigte gegenüber AP, dass drei E-Mails von ihr in Surkows Postfach echt seien: „Ich habe diese E-Mails geschickt.“Thema war die Organisati­on eines Treffens zwischen Surkow und Journalist­en.

Der Konflikt in der Ostukraine brach im April 2014 aus, nachdem die russische Armee die ukrainisch­e Halbinsel Krim besetzt hatte. Kremlchef Wladimir Putin dementiert­e erst jegliche Beteiligun­g.

Der Krieg in der Ukraine hat bislang rund 9600 Tote gefordert. Ein Abkommen unter Beteiligun­g Russlands von 2015 konnte nur das Ausmaß der Kämpfe mindern. CyberJunta kündigte an, weitere Korrespond­enzen hochrangig­er russischer Regierungs­vertreter „abzusaugen und zu analysiere­n“.

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