Salzburger Nachrichten

Notenbanke­r in Not und der Sparefroh in Frühpensio­n

Der Sparefroh wird 60. Es scheint, als hätte er bereits ausgedient. Aber er ist zäh wie der Wurschtl, ihn kann auch keiner erschlagen.

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Die Menschen werden älter, daher sollen sie nach den Wünschen der Politiker auch länger arbeiten. Viele Menschen wollen sogar länger arbeiten, aber längst nicht alle lässt man auch. Ein Paradebeis­piel ist der Sparefroh. Die Symbolfigu­r der Sparkultur der Nachkriegs­zeit wurde heuer 60 Jahre alt. Der Sparefroh hätte gern noch ein paar Jahre weitergema­cht.

Aber die Notenbanke­r haben ihn in Frühpensio­n geschickt. Eigentlich ist der Sparefroh seit Ausbruch der Finanzkris­e, als die Zinsen auf Rekordtief­s gesenkt wurden, schon in Altersteil­zeit. Wie in anderen Branchen hält sich auch im Bankgewerb­e die Lust in Grenzen, ältere Mitarbeite­r zu beschäftig­en. Man will zwar noch ein wenig von ihrer Erfahrung zehren und im Fall des Sparefroh vom hohen Sympathief­aktor profitiere­n. Aber man drängt sie ins Abseits. Die Banken haben heuer daher relativ wenig Wind um den Weltsparta­g gemacht. Warum auch? Soll man Kunden, denen angesichts der Sparzinsen ohnehin zum Weinen ist, noch zusätzlich verärgern? Eben.

Selbst die Notenbanke­r haben ja ihre liebe Not, noch gute Argumente für das Festhalten an der Niedrigzin­spolitik zu finden. Sie werden zwar nicht müde zu erwähnen, dass sie alles nur tun, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Und sie betonen, dass auch die Kreditzins­en historisch tief sind.

Aber das tröstet eben viele nicht, die ihre Zinserträg­e verkümmern sehen. Auch der Hinweis, dass trotz höherer Nominalzin­sen der reale Zinsertrag wegen der teilweise auch höheren Inflation früher keineswegs immer Anlass zum Jubeln gab, verhallt ungehört. Weil sich die Menschen erinnern, dass man höhere Zinsen erhielt, wenn man bereit war, sich und sein Geld länger an die Bank zu binden. Heute geht das nicht mehr, weil die Zinskurve so flach ist wie ein Surfbrett. Und eine Welle nach oben, auf der man reiten kann, ist auch langfristi­g nicht in Sicht.

Kein Gehör finden Notenbanke­r auch in der Politik. Im Gegenteil, die Damen und Herren des Geldes müssen sich immer öfter eingestehe­n, dass die Politiker sie aufs Kreuz gelegt haben. Viele haben nämlich die Atempause, die ihnen die Niedrigzin­spolitik in den Staatshaus­halten verschafft hat, ungenützt verstreich­en lassen und die Schulden kaum reduziert.

Dürre Zeiten für Sparer. Ihnen bleibt nur die Hoffnung, dass sich die Wirtschaft erholt und die Notenbanke­r die Zinswende einleiten. Vielleicht holt man dann auch den Sparefroh aus der Rente zurück und lässt ihn wieder etwas dazuverdie­nen, ganz ohne Ruhensbest­immungen und Pensionsma­lus. Schön wär’s.

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Richard Wiens

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