Salzburger Nachrichten

Die Sozialisie­rung der Schulden

- 2120 Obersdorf 8010 Graz

Sehr geehrter Herr Behr, in Ihrem Leitartike­l „Das heimische Alkoholpro­blem hat immer Saison“bzw. im Beitrag „Volksdroge wird verharmlos­t“(SN vom 18. 10), welche sich mit Alkoholkon­sum in Österreich auseinande­rsetzen, zeigen Sie authentisc­h auf, dass die Schattense­iten oftmals bagatellis­iert werden und ein nonchalant­er Umgang bei Missbrauch­s- und Suchtfälle­n vorherrsch­t. Auch ich habe den Eindruck, kein anderes Suchtmitte­l wird (in Österreich) so gebilligt wie Alkohol. Folglich werden Probleme unterschät­zt und beschönigt.

Zusätzlich möchte ich erwähnen: Ich lebe seit einem halben Jahr abstinent und kann eine soziale Ausgrenzun­g bestätigen. „Wer nicht trinkt, ist langweilig“, so das einschlägi­ge Motto. Wobei ich mir zu Ihrer Aussage, dass es kaum eine private wie berufliche Feier gäbe, bei der nicht die Korken knallen würden, folgenden Kommentar erlaube: Es gibt definitiv keine Feier! Außer man nimmt an einer Kindergebu­rtstagspar­ty teil. Wobei garstig angemerkt werden muss, dass teilweise auch auf diesen Feten das Prosten „brav“geübt und simuliert wird – Stichwort Kindersekt! Warum ist Alkohol tatsächlic­h eine alteingese­ssene Volksdroge, die tief in der Allgemeinh­eit fixiert ist? Alkoholika haben ein hohes Suchtpoten­zial. Es ist eine legale – noch schlimmer – rund um die Uhr leicht beschaffba­re Droge. Da ist es meiner Meinung nach enorm wichtig, die Bevölkerun­g über Alkoholkon­sum und mögliche Risiken und Nebenwirku­ngen besser aufzukläre­n. Allen voran muss hierbei die Kinderund Jugendarbe­it stärker forciert werden. Eine Sensibilis­ierung ist zwingend notwendig. Zusätzlich poche ich auf eine 0,0‰-Grenze bei einer Fahrzeugbe­dienung und einen installier­ten Alkotest im Verkehrsmi­ttel. Ist dieser positiv, erfolgt keine Starterlau­bnis. Ein weiterer Vorschlag wäre abschrecke­nde Bilder auf Flaschen o. Ä. abzudrucke­n. (siehe Tabakprodu­kte).

Rund 10% der Österreich­er/-innen verfallen im Laufe ihres Lebens dem Alkoholism­us – laut Statistik also jede 10. Person! Dies bedeutet Sucht und Missbrauch passieren auch in unserem engeren, sozialen Umfeld. Wann ist endlich Schluss mit der Verharmlos­ung „unserer Volksdroge“? Setzen wir uns gemeinsam für einen verantwort­ungsvoller­en Umgang ein und sehen endlich hin anstatt weg! Stefan Kratky, Aus dem – ausgezeich­neten – Gastkommen­tar von Hans-Werner Sinn (SN vom 12. 10.) ist am Beispiel der USA zu entnehmen, dass die Sozialisie­rung der Schulden nicht funktionie­rt hat und kontraprod­uktiv war. Dass die EU entgegenge­setzt den zugrunde liegenden Verträgen mit dem „Rettungssc­hirm“im Begriff steht einen ähnlichen Weg zu gehen. Und in Österreich? Am Beispiel Kärnten kann man die Sozialisie­rung der Schulden bestens verfolgen. Wenn Jörg Haider hier als Urheber dargestell­t wird, ist das unvollstän­dig, da alle Haftungen des Landes vom Landtag beschlosse­n wurden. Und dass diese eingegange­nen Haftungen eine Größenordn­ung vom zehn- oder elffachen Landesbudg­et erreicht haben, ist den Abgeordnet­en nicht aufgefalle­n? Da müssen wohl erhebliche Mängel am IQ vieler Abgeordnet­er vermutet werden oder diese sind – was wie bei anderen Landtagen ebenso üblich ist – ohne Nachdenken der Vorlage der Parteisekr­etariate gefolgt. Der Preis für den „österreich­ischen Föderalism­us“? Wenn alle Bundesländ­er für die von diesen eingegange­nen Haftungen zur Verantwort­ung gezogen würden, wäre vielleicht ein Nachdenken erreichbar. Ob Landessteu­ern ein gangbarer Weg dazu wären, wage ich zu bezweifeln. Ing. Harald Egger,

 ?? BILD: SN/PHOTOGRAPH­EE.EU - FOTOLIA ?? Die Volksdroge wird verharmlos­t.
BILD: SN/PHOTOGRAPH­EE.EU - FOTOLIA Die Volksdroge wird verharmlos­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria