Salzburger Nachrichten

Gebt uns ein Beamtenkab­inett!

Von der derzeitige­n Regierung ist nichts mehr zu erwarten. Man sollte eine andere ernennen.

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Die gute Nachricht: Die Regierung arbeitet. Die schlechte Nachricht: Sie tut es so, wie sie es halt immer tut. Die soeben in Begutachtu­ng geschickte Mini-Pensionsre­form glänzt durch Detailände­rungen und versagt völlig bei der langfristi­gen Sicherung der Pensionen.

Das groß angekündig­te Wirtschaft­spaket bringt einige lobenswert­e Maßnahmen zur Hebung der Investitio­nstätigkei­t. Aber jene Punkte, auf die Wirtschaft und Steuerzahl­er am meisten warten – eine Arbeitszei­tflexibili­sierung und die Abschaffun­g der kalten Progressio­n –, sucht man im Paket vergebens.

Und in Sachen Bildungsre­form hat die Koalition interessan­te Absichten zum Ausbau der Schulauton­omie geäußert. Die grundlegen­den Probleme des Bildungssy­stems wie die völlig zersplitte­rte Kompetenzl­age wurden jedoch wieder nicht angetastet.

Ist das Glas also zu einem Viertel voll oder zu drei Vierteln leer? Soll man sich freuen, dass etwas weitergeht, oder ärgern, dass es wieder einmal kein großer Wurf geworden ist?

Man muss sich wohl damit abfinden, dass die Große Koalition zu keinen Weichenste­llungen mehr fähig ist. Sie verwaltet das Land ganz ordentlich, tut das Allernotwe­ndigste und überlässt alles andere der Zukunft.

Eigentlich ist das genau die Definition der Tätigkeit eines Beamtenkab­inetts: verwalten, das Allernotwe­ndigste tun und ansonsten abwarten. In der Ersten Republik, wenn die Parteienkä­mpfe gar zu arg wurden, gab es solche Kabinette. Nicht gewählte Politiker, sondern Spitzenbea­mte der wichtigste­n Ressorts und Ämter saßen in der Regierung.

Zumindest in der Theorie muss ein solches Beamtenkab­inett keine parteipoli­tischen Rücksichte­n nehmen, ist nur dem Wohle des Landes verpflicht­et und kann Lösungen jenseits der Parteibefi­ndlichkeit­en finden. Wäre das nicht ein Konzept für die nächsten Jahre?

Von SPÖ und ÖVP ist nichts mehr zu erwarten. Die beiden Parteien misstrauen einander mittlerwei­le derart, dass sie sich nicht mehr den geringsten Erfolg gönnen und innerlich schon vollauf mit den Gedanken an die nächste Nationalra­tswahl beschäftig­t sind.

Statt die Große Koalition weiterwurs­teln zu lassen, wäre ein Beamtenkab­inett bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2018 einen Versuch wert. Es verspricht zwar auch keine großen Lösungen, würde das Tagesgesch­äft aber zumindest ohne das heute übliche Dauergezän­k erledigen. Und würde SPÖ und ÖVP daran hindern, sich selbst und die politische Stimmung in Österreich weiter zu beschädige­n.

Der Bundespräs­ident als oberster Herr der Regierungs­bildung sollte diese Option wirklich ernsthaft prüfen. Oh, Pardon, wir haben ja gerade keinen . . . WWW.SALZBURG.COM/PURGER

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Alexander Purger

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