Mit Muti auf dem Sprung nach Japan
Riccardo Muti konnte sich mit den Wiener Philharmonikern in Wien feiern lassen.
WIEN. Riccardo Muti löste quasi Zubin Mehta ab, der jüngst in Wien eine Konzertserie dirigierte, danach mit den Wiener Philharmonikern in Japan gastierte und in Tokio das Jubiläum der Suntory Hall feierte. Jetzt ist also der italienische Maestro dran, der in Wien das Konzertwochenende der Wiener Philharmoniker dirigierte und in wenigen Tagen in Japan Mozarts „Figaro“beim aktuellen Staatsoperngastspiel leiten wird.
Da kommt man fast ins Grübeln, denn dieses Japan-Gastspiel hat mit der „Ariadne auf Naxos“längst begonnen. Das heißt, dass die Wiener Philharmoniker der Klontechnologie irgendwie voraus zu sein scheinen, nicht aber, dass jetzt im Musikverein nicht eine First-Class-Besetzung aufzubieten war.
Muti beschäftigt das präsentierte Konzertprogramm schon länger, mit Schuberts 4. Symphonie, der „Tragischen“, war er im Vorjahr in München zu hören, wo er auch als Cherubini-Apostel dessen Krönungsmesse aufführte. Detail am Rande: Nach seinem Debüt 1971 bei den Salzburger Festspielen stand Muti ein Jahr später erstmals im Großen Festspielhaus vor den Wiener Philharmonikern und dirigierte ein Cherubini-Requiem, allerdings das zweite in d-Moll für Männerchor und Orchester. Für Wien hatte sich Muti nun Cherubinis „größeres“Requiem in c-Moll ausgesucht.
Dass Riccardo Muti unbeirrbar sein elegantes, klassisch „schönes“Klangbild pflegt, zeigte sich bei Schuberts Vierter. Der dirigentische Körpereinsatz des 75-Jährigen ist ökonomischer geworden, ja oft lässig, wenn er seine Einsätze quasi ins Orchester „wirft“– aber die Wiener kennen ihren langjährigen Weggefährten und Perfektionisten. So erklang das Werk in voller philharmonischer Pracht, mitunter bedächtig.
Luigi Cherubini, aus Florenz stammend, war in Paris zum maßgeblichen Komponisten geworden, sein 1817 entstandenes Requiem hatte es hierzulande schwer, denn Mozarts Totenmesse war längst Maßstab aller (letzten) Dinge geworden. Beethoven war hingegen Cherubini-Bewunderer, zu seinem Gedächtnisgottesdienst wurde eben dieses d-Moll-Requiem aufgeführt. Das ernste Stück ist – bei Verzicht auf Solisten – von großer Meisterschaft im Bau, Riccardo Muti weiß um alle Effekte zwischen dramatischer Wucht und besinnlicher Innigkeit, zwischen aufschreckendem Tamtam-Schlag vor dem „Dies irae“, der Furcht vor dem „Danach“und dem tröstlichen Klang des „Hostias“. Chor und Orchester waren sich wunderbar einig im ausgewogenen Zusammenwirken – man war schwer beeindruckt, tiefe Berührung blieb aus. Was das Publikum nicht hinderte, den verehrten Maestro lang noch „vor den Vorhang“zu bitten.