Die Flucht mit anderen Augen sehen
Mit Computerspielen zum Thema Flucht war eine Salzburger Gruppe der Zeit voraus. Jetzt erreicht „From Darkness“einen neuen Level.
Sie begegnet Flüchtlingen und Soldaten, Helfern und Waisenkindern: In der Millionenstadt Nairobi, wo viele Menschen auf der Suche nach einem neuen Leben stranden, sucht eine Mutter nach ihrer verschwundenen Tochter.
Mit den Augen dieser Mutter sehen die Spieler des Computerspiels „From Darkness“die Welt und erforschen auf den Spuren der Tochter Flüchtlingslager, Geschäfte und Slums. Einen Sieger in dem dokumentarischen Spiel kann es am Ende nicht geben. Zu gewinnen gibt es freilich nahe Einblicke in eine Welt, die sonst oft nur als Randnotiz in den News auftaucht. Und Punkte gesammelt hat das Salzburger Kollektiv gold extra mit seiner Arbeit zwischen Fiktion und Wirklichkeit, zwischen Spiel und Dokumentation ebenfalls. Derzeit ist „From Darkness“etwa im renommierten Nam June Paik Center in Seoul ausgestellt, das als eines der größten Häuser für Medienkunst in Asien gilt. „Darauf sind wir natürlich sehr stolz, zumal man als Salzburger Künstler in Asien meist eher mit klassischer Musik punkten kann“, sagt Karl Zechenter. Er hat mit den anderen Mitgliedern von gold extra, Sonja Prlić, Tobias Hammerle, Reinhold Bidner, Georg Hobmeier und Victor Morales, das Spiel realisiert. Erfunden wäre das falsche Wort: Auf Recherchereise in Ostafrika haben die Salzburger im Jahr 2012 mehr als 60 Stunden Filmmaterial und Interviews gesammelt und in ihr Doku-Spiel einfließen lassen.
Wer es spielen will, muss nicht weit reisen, weder nach Seoul noch nach Hamburg, wo „From Darkness“am 5. November auf der Spielemesse „Play!“vorgestellt wird. Denn seit dieser Woche steht die Vollversion des Spiels (das bisher in Beta-Versionen kursierte und auch schon im deutschen Zentrum für Medienkunst Karlsruhe ausgestellt war) auf der Internetseite von gold extra zum freien Herunterladen bereit. Überraschende Bonuspunkte gab es diese Woche: Der chinesische Künstler Ai Weiwei verbreitete den Link zum Spiel über Twitter. Als Kunstform sind soge- nannte „serious games“ein interessantes Feld, weil sie ernste Themen über ein Medium der Populärkultur erschließen. Bei der Recherche sei es auch darum gegangen, Bilder zu sammeln, die nicht in das mediale Klischee der drei „K“passen wollen: „Bei Berichten über Afrika geht es ja oft nur um Katastrophen, Krisen und Krankheit“, sagt Zechenter.
Durch die Augen der GameHeldin sehe der Spieler in „From Darkness“deshalb nicht nur die tragischen Geschichten, sondern etwa auch jene eines Äthiopiers, der sich ein neues Leben aufgebaut hat „und davon träumt, dass seine Kinder Geschäftsleute wie Bill Gates werden“.
Ernüchternd sei es freilich auch zu sehen, wie wenig sich im vergangenen Jahrzehnt in der Realität verändert habe: „2007, als wir am Vorgängerspiel ,Frontiers‘ zum Thema Flucht arbeiteten, waren wir überzeugt, wir müssten schnell fertig werden, solange das Thema aktuell ist. Heute ist es aktueller denn je.“ Spiel: