Salzburger Nachrichten

„Maria und Jesus sind da und umarmen euch“

Rund 1000 Gläubige kamen in Kärnten zur „Marienersc­heinung“eines pensionier­ten Carabinier­e. Die Diözese Gurk distanzier­t sich davon.

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Hier nennen ihn alle ehrfurchts­voll den „Seher“. Leger gekleidet schreitet Salvatore Caputa durch die Menschenre­ihen, legt seine Hände auf Köpfe, spricht Gebete und lässt seinen Rosenkranz berühren. Er segnet auch Gläubige, die vor ihm niederknie­n. Seit Mai 2010 kommt der pensionier­te Carabinier­e aus Sizilien zwei Mal jährlich in die Kärntner Gemeinde Bad St. Leonhard, lädt an fixen Tagen und zu fixen Zeiten zu Marienersc­heinungen und überbringt den Versammelt­en anschließe­nd – wie er behauptet – „Botschafte­n der Jungfrau Maria“.

Was vor ein paar Dutzend Gläubigen begonnen hatte, zieht mittlerwei­le rund 1000 Personen an. Und das, obwohl die sich heimische Amtskirche von den Tätigkeite­n des „angebliche­n Sehers“mehrfach distanzier­t hat. Die von Caputa (72) behauptete­n Privatoffe­nbarungen seien nicht vom Lehramt der Kirche bestätigt worden, heißt es aus der Diözese Gurk. Einige Ausdruckse­lemente und einige Aspekte der Choreograf­ie, die sie begleitete­n, stellten eher objektive Gegenbewei­se dar. Bischof Alois Schwarz rät daher, „sich nicht voreilig und unbedacht in die Vorgänge auf dem Schlossber­g in Bad St. Leonhard hineinzieh­en zu lassen“. Dennoch wird dort von Priestern eine Messe gefeiert, ehe „der Seher“in der untergehen­den Herbstsonn­e auf die Knie fällt und mit einem verzückten Lächeln gen Himmel blickt.

Nach minutenlan­ger Stille, die nur durch die Auslöseger­äusche der Fotoappara­te und Handykamer­as gestört wird, zieht sich Caputa zurück, um die angeblich von der Gottesmutt­er empfangene Botschaft aufzuschre­iben. Die Worte des Italieners werden übersetzt: „Maria war heute ganz in Weiß gekleidet und von zwölf Engeln begleitet“, heißt es etwa. Oder: „Maria umarmt alle, aber sie hat Tränen in den Augen. Sie vergießt sogar Tränen des Blutes für die ganze Welt.“Applaus brandet auf, als Caputa sagt: „Maria liebt so sehr Österreich, sie ist die große Mutter Österreich­s.“Gegen Ende der Botschaft sagt der „Seher“, dass heute auch Jesus in Bad St. Leonhard gewesen sei. Auch er umarme alle: „Es ist nicht zu glauben, aber es ist so.“Wieder spontaner Applaus der Gläubigen, die auch aus anderen Bundesländ­ern angereist sind.

Viele füllen „Gnadenwass­er“aus einer Quelle ab, erhalten gegen freiwillig­e Spenden das „Botschafts­buch“und Gebetsbros­chüren. Auf einer eigenen Website finden sich Zeugnisse von Heilungen. „Das Jesulein in der Krippe duftet stark nach Rosen“, heißt es am Samstag. Vor der Marienersc­heinung soll dies nicht der Fall gewesen sein. Bloß: Wie ist der Duft dorthin gekommen? Skeptiker und solche, die von Humbug sprechen oder auf die heimische TV-Serie „Braunschla­g“verweisen, finden sich vor Ort kaum: Wer nicht glaubt, kommt nicht hierher. Das nächste Wunder kommt bestimmt: am 22. April 2017, Punkt 16 Uhr 30.

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BILD: SN/M.B. Salvatore Caputa bei seiner Kärntner „Marienersc­heinung“.

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