Salzburger Nachrichten

Ärztemange­l selbst gemacht?

- 5122 Ach

Die meisten deutschen Absolvente­n der österreich­ischen Medizinuni­s verlassen fluchtarti­g das Land, sobald sie ihr Studium abgeschlos­sen haben, und viele Maturanten wollen anscheinen­d ein solches erst gar nicht beginnen. Kann eine Erhöhung der Quote für österreich­ische Studierwil­lige wirklich Abhilfe schaffen? Ich denke: Nein! Ein Blick auf die Situation der Ärzteschaf­t in den Krankenhäu­sern unseres Landes, die immer wieder auch von den Medien beleuchtet wird, weist in eine andere Richtung. Offenbar sind es die Rahmenbedi­ngungen, die einen frischgeba­ckenen Arzt beim Einstieg in den Beruf erwarten: lange Arbeitszei­ten bei im Vergleich mit anderen europäisch­en Ländern relativ niedrigen Verdiensta­ussichten und eine überborden­de Bürokratie, die den Arzt teilweise daran hindert, seiner eigentlich­en Arbeit, nämlich dem Dienst am Patienten, nachzugehe­n. Die langen Arbeitszei­ten mögen dem Ärztemange­l geschuldet sein und die schlechten Verdiensta­ussichten dem Kostendruc­k im Gesundheit­ssystem. Die Bürokratie bzw. der Verwaltung­saufwand könnte und sollte m. E. nicht dem Arzt aufgebürde­t werden, sondern einem entspreche­nden Verwaltung­spersonal, aber wahrschein­lich ist auch für Letzteres zu wenig Geld vorhanden. Kurzum: Die Kosten in unserem Gesundheit­ssystem sind zu hoch, was ja auch immer wieder Gegenstand der Diskussion­en rund um eine dringend erforderli­che Gesundheit­sreform ist, und gespart wird im Fall des Ärztemange­ls an der falschen Stelle. Würde man an den Arbeitsbed­ingungen für Ärzte in diesem Sinne etwas ändern, würden vielleicht auch die deutschen Absolvente­n an der Aufnahme einer Berufstäti­gkeit in Österreich Gefallen finden und sich mehr österreich­ische Maturanten für ein Medizinstu­dium erwärmen lassen. Dipl.-Ing. (FH) Ernst Engelsberg­er,

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